Jerusalem - Grabeskirche

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Vorplatz und Eingang



Golgatha, aramäisch gûlgaltâ, hebräisch gulgulet - die Schädelhöhe, Ort des Schädels - hier endete das Leben des Jesus aus Nazareth und hier begann der Aufstieg einer Religion, deren Anhänger man Christen nennt.







Alle Wege führen zur Moschee, hin zur Synagoge oder in eine Kirche – die Jerusalemer Altstadt ist eine Offenbarung zu den Unterschieden des Glaubens. Fast greifbar ist die allgegenwärtige Frömmigkeit. Unser Weg zur Grabeskirche beginnt am Damaskustor, schon in römischer Zeit der Haupteingang in die Stadt, dessen kleines Portal links unter dem Straßenniveau noch aus dieser Zeit stammt, dessen Fundamente sind herodianisch (der Zeit Herodes des Großen, um 73 v. Chr.- 4 v. Chr.) und die Türme links und rechts in mamelukkischem Baustil (ca 1537 n. Chr.). Zu beiden Seiten des ottomanischen Torbogens sind Säulen mit Blumenreliefs angebracht, so auch der Name Bab el-Amud - das Säulentor. Dahinter öffnet sich ein großer Platz an dessen Ende die Straße Suq Khan ez-Zeit geradewegs zur Via Dolorosa führt. Rechts, vorbei am Koptischen Patriarchat geht es zum Heiligen Grab. Hier also soll es gewesen sein. Ein antiquarischer Bau, mitten hineingepflanzt in ein Labyrinth von engen Gassen, Mauern und Ladengeschäften. Mehr als zweitausend Jahre sind vergangen, noch immer schlägt hier das Herz der christlichen Welt, hier ist Glaube und Geschichte fassbar - ein Marktplatz für Frömmigkeit und Zwietracht, für Seelenheil und Verzückung, für Zwiespalt und Zweifel. In Stein gemeißelte Religion, weder prächtig noch zweckmäßig. Doch dieser Faszination kann man sich schwerlich entziehen. Dies hier ist der Nabel der Welt, als Nappa Mundi bis in die Neuzeit auf den Weltkarten verzeichnet.



Quelle: Google Earth


Golgatha ist hier, die XIV. und letzte Station des Kreuzweges. Als "König der Juden" von den Römern verurteilt, als "Sohn Gottes" am Kreuz gestorben. Und exemplarisch für Religion und das Dilemma mit dem Glauben ist im Miteinander in der Grabeskirche beispielhaft. Mit allen Facetten von Liturgien, Riten und Zeremonien zu kirchlicher und religiöser Bekenntnis wird hier unter der Kuppel am Grab im Namen Gottes die Deutung des Glaubens zelebriert. Das alles mag den Besucher irritieren, wähnt er sich doch hier an der Geburtsstätte des Christentums. Aber der Glaube hat viele Wege gefunden und sich im Labyrinth der alten Mauern verloren. Waren es einst die Zehn Gebote, die alle Grundvoraussetzung zum menschlichen Miteinander in Regeln fasste, so hat sich daraus eine fast schon wissenschaftliche Erklärungsbemühung entwickelt. Und ganz im Gegensatz zur friedlichen Botschaft ist der Umgang hier vom Konkurrenzdenken geprägt.

Am 22. März 2017 war der Andrang am Heiligen Grab besonders groß. Nach fast einem Jahr feierte man ein wahrhaft historisches Ereignis: trotz aller Uneinigkeit der konkurrierenden christlichen Glaubensrichtungen hatte man sich fast ein Jahr zuvor auf Restaurierungsarbeiten an der Grabkapelle geeinigt. Und nun, an diesem Mittwoch erstrahlte die Kapelle unter der Rotunde der Grabeskirche in neuem Glanz. Das Team von Wissenschaftlern und Restauratoren unter der Leitung von der Professorin Antonia Moropoulou von der Universität in Athen hatte ganze Arbeit geleistet. Nun wurde die Kapelle von kirchlichen Würdenträgern neu eingeweiht.


Zehn Monate war man mit dem kleinen Bau in der Grabeskirche beschäftigt. Seit 1947 musste er mit Stahlträgern gestützt werden, Feuer und Erdbeben hatten Risse in den Steinen verursacht, schon lange waren die Wände porös und feucht. Es wurden Teile der Mauer ausgetauscht, Steinplatten wurden gereinigt, Ruß und Kerzenwachs entfernt. Und zum ersten Mal seit Jahrhunderten wurde die cremefarbige Marmorverkleidung über dem Grab entfernt, die man im Jahr 1555 zum Schutz angefertigt hatte. Die Befunde scheinen zu bestätigen, dass darunter noch Teile des Grabes vorhanden sind. Als in der Nacht zum 26. Oktober 2016 die Verkleidung abgehoben wurde und das Füllmaterial darunter entfernt wurde, stieß man auf eine weitere, zerbrochene Marmorplatte, in die ein kleines Kreuz eingraviert war. Der Felsen darunter befand sich in einem fast völlig unversehrten Zustand, gerade so groß, dass man einen Menschen dort darauflegen konnte. Nach umfangreichen Dokumentationen an der Oberfläche des darunter befindlichen Felsens wurde das Heilige Grab mit seiner ursprünglichen Marmorverkleidung versiegelt. So war der 22. März 2017 wahrlich ein historischer Moment. Beweise, die wissenschaftlich hätten untermauert werden können gab es zwar keine, aber der heiligste Ort der Christen hatte endlich seine Würde zurück erhalten. Erdbebensicher und gereinigt ist nicht nur die Grabkapelle sondern auch der Glaube der Pilger aus aller Welt. 



Anders als für die Grabstätte von Jesus liegen für Pilatus, dem Präfekt von Judäa unter Tiberius. archäologische Nachweise vor. Belege über seine Existenz finden sich in Caesarea (Inschrift zum Bau eines der beiden Leuchttürme), wo Pilatus als Gouverneur von Judäa seinen Amtssitz hatte.


Siehe auch im Internet bei Timediver 👉 http://www.timediver.de/Israel_Caesarea.html


"...S.TIBERIÉVM PONTIVS PILTVS PRAEFECTVS IVDAEAE...É..." (Pontius Pilatus, der Präfekt von Judäa (errichtete) ein (Gebäude, gewidmet dem Kaiser) Tiberius). Auch Flavius erwähnt ihn: "...was Judäa anlangt, so sandte Tiberius dorthin den Pilatus als Landpfleger" (10. Josephus über Pilatus (Jüdischer Krieg II 9,2f. 169-174). Sein hartes Urteil im Prozess gegen den "König der Juden" verschaffte ihm einen Platz in der Geschichte. Pilatus war im Jahre 30 nach Jerusalem gekommen, um die Ordnung während des Passah-Festes zu überwachen. Der spektakuläre Auftritt von Jesus war für ihn zunächst kein Anlass einzuschreiten. Doch dem (jüdischen) Hohen Rat unter dem Hohen Priester Kaiphas missfielen die Gesetzesverstöße von Jesus. Dieser hatte nicht nur die Geldwechsler aus dem Tempel gejagt, er verletzte auch die Sabbatruhe, ließ sich als Messias begrüßen und versprach, Israel von den Römern zu befreien. Anderseits vertrat Kaiphas die Ansicht, "es ist uns besser ein Mensch sterbe für das Volk, denn dass das ganze Volk verderbe" (Joh. 11,50). Er sollte sterben für das Volk. Zudem war man in Eile, zu den Feiertage waren viele Pilger in der Stadt. Jesus wurde festgenommen und vor den Statthalter Pilatus gebracht. Der Prozess ließ keine Zweifel aufkommen: wer sich als "Messias" bezeichnete oder so nennen ließ, hatte nach römischen Recht mit der Todesstrafe zu rechnen. Auch die Proteste der Juden halfen da wenig. Eine Amnestie konnte nur der Kaiser erlassen. Die Kreuzigung* war zwar grausam, dennoch eine damals korrekte Strafvollstreckung. Pilatus unterstand zwar dem Statthalter Syriens, konnte vor Ort aber selbständig entscheiden. So schließlich auch im Prozess gegen die Gesetzte verstoßenden Jesus.


*In einer Grabhöhle aus der Zeit Jesu, nordöstlich von Jerusalem in einem Gebiet namens Giv'at ha-Mivtar, wurde 1968 ein menschlicher Fersenknochen gefunden. Dieser war durchbohrt mit einem zwölf Zentimeter lange Eisennagel.


Die Philosophie des christlichen Glaubens ist logisch: ohne Pilatus kein Tod am Kreuz und keine Auferstehung. So wird verständlich, warum der "Christusmörder" Pilatus als Heiliger der Koptischen Kirche verehrt wird. (seit dem 6. Jahrhundert wird in der koptischen Kirche Ägyptens und Äthiopiens sein Festtag gefeiert) Sind in der westlichen Kirche die Juden die eigentlichen Verantwortlichen, so gilt im koptischen Glauben Pilatus nur als Vollstrecker der Weissagung der Propheten. Seine Frau, Claudia Procula (?) wird in der griechisch-orthodoxen Kirche als Heilige verehrt. Es dauerte bis zum II. Vatikanum (1962-65) unter Papst Johannes XXIII., wonach die Juden von dieser Kollektivschuld zwar nicht freigesprochen, ihnen aber zugestanden wurde, Opfer falscher Anschuldigungen zu sein.


Geschichte des
Urchristentums
Erst Konstantin der Große (um 280 - 337 n.Chr.) machte den Weg frei für das Christentum als offizielle Religion des Römischen Reiches, die schließlich von Theodosius I. (347-395 n.Chr., Kaiser im Osten des Römischen Reichs) durch das Verbot unchristlicher Kulte zur Staatsreligion erhoben wurde. Schon früh hatte Konstantin sich dem sich ausbreitenden neuen Glauben aufgeschlossen gezeigt, die Bestrafung durch Kreuzigung abgeschafft und mit großem politischen Geschick den heidnischen Glauben in die aufstrebende christliche Religion integriert. Der griechische Historiker Zosimus (um 450 n.Chr)  erklärte diesen Wandel gar mit dem möglichen Sündenerlass im christlichen Glauben. Konstantins Befehl zur Ermordung seines ältesten Sohnes Crispus und seiner Frau Fausta, denen ein Verhältnis unterstellt wurde, bedurfte einer Reinwaschung dieser Sünde: 


"Solcher Thaten und überdieß falscher Eidschwüre sich bewußt, begehrte er von den Priestern Aussühnung seiner Verbrechen. Auf ihre Antwort, daß es keine Reinigungsweise für solche Gottlosigkeiten gebe, gelangte ein gewisser Aegyptier, welcher, in Spanien gewesen, und mit dem Hoffrauenzimmer bekannt war, zu einer Unterredung mit Konstantinus, und versicherte ihn: die Christliche Lehre tilge alle Sünden, und enthalte die Verheißung, daß die Gottlosen, welche dieselbe annähmen, sogleich von aller Sünde gereinigt würden. Diese Nachricht nahm Konstantinus sehr begierig an, verließ seinen väterlichen Gottesdienst, hielt sich an dasjenige, was der Aegyptier ihm beibrachte, und machte den Anfang seiner Irreligion damit, daß er die Wahrsagerei für verdächtig hielt."

Quellenangaben: Geschichte des Zosimus. 2. Buch, 29. Kapitel Aus dem Griechischen zum Erstenmale übersetzt und mit Anmerkungen begleitet von Seybold und Heyler. (Sammlung der neuesten Übersetzungen der Griechischen prosaischen Schriftsteller 10), Frankfurt am Main 1802.

Eine gewagte Behauptung, zumal der Schreiber im Christentum das Übel für den Niedergang römischer Herrschaft sah. Doch schon 14 Jahre zuvor, nach seinem Sieg über den Mitkaiser Marcus Aurelius Valerius Maxentius in Rom (Schlacht an der Milvischen Brücke) war in Konstantins Religionspolitik die Tendenz zur Anerkennung der christlichen Religion. Der Legende nach beeinflusst durch das Kreuzzeichen vom Himmel am Vorabend der Schlacht. Und im Jahre 325 war Konstantin bereits tief in die christlichen Angelegenheiten und kirchlichen Kontroversen eingebunden. So rief er eine Versammlung der Bischöfe aus allen Teilen des Reiches ein (Konzil von Nicäa, dem heutigen Iznik/Türkei). Unter den über 300 versammelten Bischöfen befand sich auch Makarius, der Bischof von Aelia Capitolina, wie Jerusalem damals genannt wurde. Helena*. die zum Christentum übergetretene Mutter des Kaisers, zeigte sich stark bewegt durch dessen Bericht über den Zustand der Stätten, die durch Leben und Wirken Jesu geheiligt waren. Mit dem Einverständnis ihres Sohnes Konstantin, seiner Autorität und seinen Finanzen brach sie zu einem Besuch ins Heilige Land auf. In Jerusalem machte Helena die Stätte der Kreuzigung ausfindig (den Felsen, der als Golgatha galt) und das nahe Grab, das als Anastasis bekannt war (griechisch für Auferstehung). Alles lag unter den Ruinen des von Hadrian errichteten Kapitols. Bald darauf beschloss Konstantin den Bau eines entsprechenden Heiligtums an diesen Stätten, Der Kaiser hatte die Ruinen des Tempels der Aphrodite (oder auch Venustempel), der Göttin der Liebe, beseitigen lassen und die Wurzeln eines christlichen Jerusalems begannen zu spriessen.

*Helena, Mutter Konstantins des Großen, Heilige, *um 250, † vermtl. 330 (August 328?). Grabmal in der Kirche Santa Maria in Aracoeli in Rom. Gedenktag 18. August.



Quelle: Zentralblatt der Bauverwaltung Nr.49,
Hrsg: Ministerium der öffentlichen Arbeiten Berlin, 15.Juni 1918


Ob sich hier tatsächlich das Grab Jesu befunden hat, ist eine Frage des Glaubens. Beweisen lässt es sich nicht. Sicher ist, dieser Ort lag damals außerhalb der Stadtmauern. Bei Renovierungsarbeiten an der nahe gelegenen Erlöserkirche entdeckte die damalige Direktorin des Deutschen Instituts für Altertumswissenschaft, Ute Wagern-Lux, 1974 einen römischen Steinbruch, der sich wie auch der Golgatahügel vor der Stadtmauer befunden haben muss.


Quelle: Ute Lux, Ausgrabungen unter der Erlöserkirche in Jerusalem, ZDPV 88, 1972.
Siehe auch 👉 Erlöserkirche Jerusalem






Brief des Kaiser an Makarius, den Bischof der Kirche in Jerusalem, über den Bau der Grabeskirche:

„Der Sieger Kaiser Konstantin der Große an Makarius:

So groß ist die Gnade unseres Erlösers, daß kein Aufwand an Worten des vorliegenden Wunders würdig zu sein scheint. Denn es übersteigt doch wahrlich alles Staunen, daß das Denkzeichen seines hochheiligen Leidens schon so lange unter der Erde verdeckt und so viele Jahre hindurch verborgen gewesen ist, bis es seinen infolge der Vernichtung des gemeinsamen Feindes der ganzen Welt befreiten Dienern wieder aufleuchten sollte. Denn wenn auch alle, die auf dem ganzen Erdkreis für weise gelten, an einem Orte zusammenkämen und etwas vorbringen wollten, was dieses Ereignisses würdig wäre, so könnten sie doch auch nicht im geringsten danach streben, weil die Beglaubigung dieses Wunders eben jede menschlicher Vernunft teilhaftige Natur in dem Maße übersteigt wie Himmlisches sich mächtiger erweist als das Irdische. Darum ist auch dies immer mein erstes und einziges Ziel, daß in dem nämlichen Grade, wie sich die Beglaubigung der Wahrheit täglich durch neue Wunder zeigt, auch in unser aller Herzen durch alle Besonnenheit und einträchtige Bereitwilligkeit der Eifer bezüglich des heiligen Gesetzes zunehme. Was nun, wie ich glaube, allen bekannt ist, davon möchte ich ganz besonders dich überzeugt wissen, daß mir mehr als an allem andern daran liegt, diesen heiligen Ort mit herrlichen Bauten zu schmücken, den ich auf Geheiß Gottes von dem schmählichen über ihm aufgestellten Götzenbilde wie von einer drückenden Last befreit habe, jenen Ort, der schon von Anfang an nach dem Ratschlusse Gottes geheiligt ward, doch noch heiliger geworden ist, seitdem er das Zeugnis für das Leiden des Erlösers ans Licht gebracht hat."
 


Aus Bibliothek der Kirchenväter
(Vita Constantini et Oratio ad coetum sanctorum) 
Buch

👉 http://www.unifr.ch/bkv/index.htm 

Der syrische(?) Architekt Zenobius (Zenobios) aus Sidon (?) war zusammen mit dem Presbyter Eustathios(?) mit der Arbeit für die Kirche beauftragt worden.*

*gesicherte Quellen darüber sind nicht aufzufinden. In Konstantins Briefen finden beide keine Erwähnung. Genannt (übernommen) wurden sie in der Chronographie des Theophanes: "
martyrii hierosolym architectus" - Architekt des Martyrium in Jerusalem. Theophanes (*ca. 760 in Konstantinopel,  12.03.818) war byzantinischer Geschichtsschreiber über die Zeit 284 bis.813 n.Chr. Ein Hinweis findet sich bei Philipp Häuser "Bibliothek der Kirchenväter" (1922) über die Katechesen des hl. Cyrillus, in dem er auf  ein vor 460 entstandenes Schriftchen unter dem Titel "Breviarius, quomodo Hieroslima constucta est" verweist. ("..wie Jerusalem erbaut wurde") - Jede Kirche über dem Grab eines Märtyrers hatte den Namen Martyrium, in Jerusalem nur die über dem Heiligen Grab (Magnum Martyrium)


Siehe auch: Philipp Häuser, Einleitung zu den Kathechesen. In: Des heiligen Cyrillus Bischofs von Jerusalem. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 41) Kempten; München : J. Kösel : F. Pustet, 1922:

"...Nach zehnjähriger Bautätigkeit wurden am 13. September des Jahres 336 die Prachtbauten am Grabe des Erlösers — eine Schöpfung des syrischen Architekten Zenobius — mit unerhörter Feierlichkeit eingeweiht...." 

Eine prächtige Kirche über dem Heiligen Grabe, die nach ihrer Fertigstellung in allen Einzelheiten von Eusebius von Caesarea, einem zeitgenössischen Historiker und Biographen, beschrieben wird. Zwei Jahre später ließ sich der Römische Kaier am 22.05.337 taufen. Im weiteren Verlauf des 4. Jahrhunderts (und darüber hinaus) entstanden weitere Kirchen in Jerusalem und in ganz Palästina.


Jesus und Maria Magdalena Auferstehung Fenster in der Kapelle der Apostolischen Nuntiatur Berlin (Künstler Wilhelm Buschulte) Foto: uHuber


"Konstantin war Alleinherrscher des römischen Weltreiches, er stand auf der Höhe seiner Macht. Licinius war besiegt und beseitigt. Nun war er frei - frei auch in seinem religiösen Verhalten. Nun konnte er die Schranken und Schlagbäume beseitigen, die immer noch die neue Religion, zu der er sich bekannte und auf die er sich in dem großen Kampfe um die Alleinherrschaft gestützt hatte, einengten; nun war er in der Lage ihren Sieg mit allen Mitteln zu beschleunigen. Die große Synode von Nicaea, welche der gespaltenen Kirche die Einheit wieder gegeben hatte, war vorüber - die erste Tat des freien Christenkaisers. Nun sollte die zweite folgen. Ein gewaltiges Denkmal sollte aller Welt zeigen, was sein Sinn war, wie tief und groß seine Devotion gegen den Gott, der ihm den Sieg gegeben hatte. Er befahl, an der heiligen Stätte, an der einst der Leichnam des Herrn geruht und an der er auferstanden war aus dem Tode, ein Bethaus zu errichten. Aber der Ort war verschüttet, ein Tempel der Aphrodite stand Ober der Stelle, an der man das Grab des Heilandes suchte. Auf Befehl des Kaisers ward er beseitigt, der Grund durchgraben, und siehe, «da zeigte sich wieder alles Erwarten eben das erhabene und hochheilige Zeugnis der Auferstehung des Heilandes», 'die heilige Grabeshöhle. Um sie als den Mittelpunkt des Ganzen ward nun eine großartige Kirchenanlage errichtet, die nach der Absicht des Kaisers «alles übertreffen sollte, was es in anderen Städten an Schönheiten gab.» In einem Schreiben an den Bischof Makarios von Jerusalem gibt er dem beredten Ausdruck. Er teilt ihm mit, daß dem Eparchen Drakilianos und dem Provinzialstatthalter die Sorge «für die Errichtung und den Schmuck der Mauern» übertragen ist, daß sie nach Anweisung des Bischofs Arbeiter und Material stellen sollen. Wegen der Säulen und Marmorplatten aber möge er an ihn, den Kaiser selbst, berichten, damit «das kostbarste und passendste» «von überall her, besorgt werde. Besonders interessiert den Kaiser die Decke der Basilika, er läßt durchblicken, daß er eine vergoldete Kassettendecke anderen Arten der Bedeckung vorziehen würde. Auch darüber soll der Bischof ihm berichten. Etwa im Frühjahr 326 begann der Bau; nach 10 Jahren war er vollendet. Am 13.-20. September 336 fand mit königlicher Pracht die Einweihung statt. Die in Tyrus tagende Synode war dazu vom Kaiser eingeladen worden. Aus Makedonien und Pannonien, aus Thrakien, Mysien, Bithynien, Kilikien, Syrien, Mesopotamien, Persien, aus Palästina, Aegypten und Libyen waren die Bischöfe zu dieser Feier herbeigeeilt. Es war ein Weihefest würdig der Weltreligion, deren vornehmstes und erstes Heiligtum es war, das hier geweiht wurde, und würdig des großen Kaisers, der es erbaut hatte.In Jerusalem selbst hatte der Bischof Makarios die Leitung des Baues gehabt. Auch der Name seines Architekten ist erhalten - er hieß Zenobios. Neben ihm aber wir d noch ein dritter, der konstantinopolitanische Presbyter Eustathios, als Vollender des Baues genannt Eusebios von Caesarca, der diese ganze Entwicklung aus nächster Nähe mit angesehen und erlebt, der selbst auf dem Feste der Einweihung eine Rolle gespielt hat, hat über das alles eingehend in seiner Vita Konstantins berichtet und eine Beschreibung der Bauten des Kaisers hinzugefügt."


Quelle: "Mater ecclesiarum, die Grabeskirche in Jerusalem", Karl Schmaltz, 1918 (Theologe und Kirchenhistoriker)


Das Gebäude wurde 614 bei der Eroberung Jerusalems von den Persern zerstört und wenig später zum Teil wiederhergestellt. Unter Papst Sergius IV. (1009-1012) erschütterte Rom die Nachricht von der Zerstörung des Hl. Grabes - auf Befehl des Kalifen von Ägypten al-Hakim wurde sie eingerissen (18.10.1009) was letztendlich als Auslöser für die Kreuzzüge nach Palästina gilt. 


"Papst Sergius (IV.) berichtet allen Gläubigen (omnibus catolicis ... maioribus ac minoribus in Deum omnipotentem perpetuam spem habentibus) vom Eintreffen eines Boten aus dem Orient, der die Nachricht von der Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem nach Rom gebracht habe, weiters von der eigenen Bereitschaft, an der Spitze der Römer, Italiener, Tuszier und aller Christen gegen die Sarazenen zu ziehen und die Grabeskirche wiederherzustellen, von Flottenrüstungen der Italiener, Venezianer und Genuesen, wodurch 1000 Schiffe zur Überfahrt nach Syrien zur Verfügung stehen werden, sowie vom Erhalt eines Briefes aus einer (italischen) Küstenstadt, der ebenfalls von Rüstungen zur Befreiung des Grabes Christi berichtete. Der Papst ermahnt zum Frieden unter den Christen und mit Zitierung von Bibelstellen sowie mit dem Hinweis auf das Beispiel der römischen Kaiser Vespasian und Titus, die den Tod Christi an den Juden rächten und dafür Kaiserwürde und Sündenvergebung erlangten, sich am Kriegszug zu beteiligen oder diesen durch Mitarbeit an den Rüstungen oder durch Gaben zu unterstützen, die Bischof Johannes im Empfang nehmen werde. - Cum nos precioso ..."

Quelle: Digitale Bibliothek - Münchner Digitalisierungszentrum


Als Zeitgenossen der Ereignisse sind auch zu nennen Elias von Nisibis (*975 - †1046), ein Bischof und Schriftsteller  der ostsyrischen Kirche und Yahya von Antiochia, einem Historiker aus dem 11. Jahrhundert. Elias berichtet, dass am 25. Ab des Jahres 1320 nach seleukidischer Zeitrechnung (also 1009 n. Chr.)  vom König von Ägypten befohlen wurde die "große Kirche in Jerusalem" zu zerstören und die Christen zu verfolgen. Abweichen davon ist die Darstellung von Matthias von Edessa († um 1140), einem orthodoxen Mönch und armenischem Chronist. Er berichtet für das Jahr 1007 n.Chr. von einem Konflikt zwischen Griechen und Armeniern während der Feierlichkeiten zum Osterfest. Das Fest sei zu einem falschen Zeitpunkt erfolgt, das Wunder des Osterfeuers in der Grabeskirche sei ausgeblieben, worauf die anwesenden Muslime (die gewöhnlich an dieser Feier teilnahmen) wohl aus Enttäuschung ein Blutbad unter den Christen anrichteten. Auch Yahya von Antiochia erwähnt diesen Streit, wobei er die (jüdischen) Gelehrten als uneins bei der Berechnung des Pessachfestes nennt. Auch die heilige Flamme, die den Christen die Auferstehung Jesu bestätigte, erweckte das Misstrauen der Muslime. 


All dies geschah in den Jahren des Patriarchen von Antiochia, Johannes bar Abdûn und des Patriarchen Zacharias von Ägypten und des Bischofs Thomas von Jerusalem, so ein anonymer syrisch-orthodoxer Chronist aus dem Jahr 1234.


Was auch immer der Auslöser war, die Grabeskirche wurde 1048 vom byzantinischen Kaiser Konstantin IX. Monomachus* erneut aufgebaut, 1055 unter dem Kalifen al-Mustansir erneut geplündert. Ab 1144 errichteten die Kreuzfahrer die gesamte Kirche von neuem und nahmen zahlreiche Veränderungen und Ergänzungen an den Bau vor. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte verfiel die Kirche allmählich, und wurde 1555 wieder einmal renoviert. Von den Franziskanern wurde die Grabesaedkula neu gestaltet.


*Konstantin IX. Monomachus, *um 1000, Kaiser von Byzanz vom 11.06.1042 bis zum Tod 11.01.1055, bestattet in Konstantinopel.


Grundriss des Heiligen Grabes, 1754, Zeichnung von Pater Ludwig Voogt (Quelle: „Sammlung der merkwürdigsten Reisen in den Orient“ Hrsg.: Heinrich Eberhard Gottlob Paulus, Jena 1792)



Als Augenzeuge hat der Franziskaner Bonifatius von Ragusa* das Grab vor dem Neubau beschrieben:


"Das heiligste Gab des Herrn, aus dem Felsen herausgehauen, bot sich unseren Augen offen an. Auf ihm waren zwei gemalte, übereinander angeordnete Engel zu erkennen; einer sprach auf einem Schriftband: 'Hier ist der Ort, wo sie ihn hingelegt haben.' Sobald diese Bilder den ersten Luftzug spürten, lösten sie sich zum größten Teil auf. Als eine der Alabasterplatten... weggenommen werden musste, erschien uns jene unaussprechliche Stelle offen, in welche der Menschensohn drei Tage geruht hat... Die Stelle leuchtete wie mit gleißenden Sonnenstrahlen vom heiligsten Blut des Herrn Jesus, das mit jenem Öl vermischt war, mit welchem er am Grab gesalbt worden war... In der Mitte des heiligsten Ortes fanden wir ein Holz hingelegt, in ein kostbares Schweißtuch eingewickelt. Als wir es ehrfurchtsvoll in die Hände nahmen und küssten, wobei es der Luft ausgesetzt wurde, zerfiel das Schweißtuch unter unseren Händen zu nichts, nur einige Goldfäden blieben übrig. Dem kostbaren Holz waren auch Inschriften beigefügt, aber sie waren vom Alter so zerstört und verbleicht, dass man aus den einzelnen Worten keinen einzigen ganzen Satz zusammenstellen konnte. Einzig ganz oben auf einem Blatt konnte man folgende in lateinischen Großbuchstaben geschriebenen Worte lesen: 'HELENA MAGNI [CONSTANTINI MATER FECIT] (Helena, Mutter Konstantin des Großen hat dies geschaffen)"

Quelle: "Orte und Landschaften der Bibel", Othmar Keel, Max Küchler, Christoph Uehlinger.



*Bonifatius von Ragusa, *1504 - †06.02.1582, Franziskanermönch und Bischof der römisch-katholischen Kirche, Kustode des Heiligen Landes in Jerusalem.





Zeitreise
Will man einen Eindruck der Grabkapelle, wie sie im Hochmittelalter Bestand hatte erhalten, so begibt man sich auf eine Zeitreise in die sächsische Stadt Görlitz - der östlichsten Stadt Deutschlands an der Grenze zu Polen. Das in den Jahren 1480-89 errichtete Heilige Grab von Görlitz gleicht den Überlieferungen der Grabes in Jerusalem aus der Zeit des ausgehenden 15. Jahrhunderts.


Heiliges Grab in Görlitz Foto. www.timediver.de


Der Tuchhändler und spätere Bürgermeister von Görlitz, Georg Emmerich, Ritter des Heiligen Grabes von Jerusalem, hatte auf einer Pilgerreise 1465 die Heiligen Stätten besucht und unterstützte den originalgetreuen Bau in seiner Stadt. Elf Jahre später, 1476 reiste die vermögende Görlitzer Witwe Agnes Finger und weitere 117 Grafen, Ritter und Diener zusammen mit dem Herzog Albrecht von Sachsen (Albrecht der Beherzte) nach Jerusalem. Agnes hat von dort, wie es in der Reisebeschreibung des mitreisenden Landrentmeister Hans von Mergenthal notiert wurde, Baupläne des Heiligen Grabes von Jerusalem mitgenommen. In seinem Bericht "Gründliche und warhafftige beschreibung der löblichen und Ritterlichen Reise und Meerfart in das heilige Land nach Hierusalem des Durchlauchtigen und Hochgeborenen Fürsten und Herrn, Herrn Albrechten, Herzogen zu Sachsen, Leipzig 1586", wird man fündig:


"..Es sein auch  vier Weiber mit uns auff dem Heiligen Lande gewesen, zwo aus Zypern, eine von Olmitz mit irem Manne und sonsten eine Deutsche aus der Schlesien von Görlitz mit irem Man. Die zwey Eheleut von Görlitz haben das muster vom Heiligen Grabe zu Hierusalem genommen und darnach zu Görlitz heraußen vor der Stadt eine Capellen bauen lassen und ein Grab in aller gestalt, wie das Heilige Grab zu Hierusalem ist."


Quelle 
👉 Digitale Sammlungen



Bautzen 1719 kolorierter Kupferstich
Sächsische Landesbibliothek
Staats- und Universitätsbibliothek Dresden




weitere Quellen:
Gustaf Dalman "Das Heilige Grab in Görlitz und sein Verhältnis zum Original in Jerusalem", Neues Lausitzisches Magazin 89, 1913

"Das Görlitzer Heilige Grab bildet die Heiligen Stätten in Jerusalem nach, originalgetreuer als die jetzige dortige Anlage (da deren ursprünglicher Zustand nach einem Brand Anfang des 19. Jahrhunderts verändert wurde). Zur Anlage des Heiligen Grabes gehören die Kapelle zum Heiligen Kreuz, die entsprechend der Anlage in Jerusalem eine Poppelkapelle ist: im Obergeschoß die Golgatha-Kapelle, darunter die Adamskapelle; weiterhin das Salbhaus mit einer aus Sandstein gehauenen Pieta sowie die Grabkapelle. Von hier aus geht der Blick nach Norden über das Lunitz-„Kidron"-Tal zum „Garten Gethsemane" und zum „Ölberg". Bewußt hat man hier die Landschaft von Görlitz in Beziehung gesetzt zur Umgebung Jerusalems. Erbaut wurde das Heilige Grab von 1481 bis 1504. Georg Emmerich, ehemals Bürgermeister von Görlitz, hatte Idee und Pläne dazu von einer Reise ins Heilige Land mitgebracht und den Bau gefördert." (Aus: Neue Zeit, 09.September 1989)


Aus: “Umständliche Beschreibung des Heiligen Grabes zu Görlitz, Custos des Heiligen Grabes, 1870”

(zur besseren Lesbarkeit wurde der Text der heutigen Schreibweise angepasst)

Rückblick auf die Entstehung des heiligen Grabes zu Görlitz. 

Weil nun die Wallfahrten nach dem heiligen Grabe zu Jerusalem mit so großen Beschwerlichkeiten, Gefahren und Kosten verbunden waren, und man dennoch danach trachtete, die heiligen Denkmäler des Todes und der Auferstehung Jesu Christi zu besuchen, so fand man es für gut und zweckmäßig, in Ermangelung des Originals, gewisse Abbildungen davon zu veranstalten, um dadurch bem Bedürfnis gläubiger Seelen einigermaßen abzuhelfen. Und so ist denn auch das heilige Grab zu Görlitz entstanden. Sein Erbauer war Georg Emerich, 1422 zu Görlitz geboren. Sein Vater, Urban Emerich war Bürgermeister und Herr auf Ludwigsdorf, und seine Mutter, Margarethe, eine geborene Sauermann. Er widmete sich der Rechtsgelehrsamkeit, ward darin Baccalaureus, 1470 Ratsmitglied, verwaltete seit 1484 fünfmal das Amt eines Bürgermeisters und starb den 21. Januar 1507, in einem Alter von 85 Jahren. Seine zahlreiche Nachkommenschaft, er erzeugte 15 Kinder in zweimaliger Verheiratung und zwar zuerst mit Barbara Kuebel und später mit Clara Eschlauer, davon sich viele in den wichtigsten Ämtern ausgezeichnet hervorgetan haben, ist jetzt so erloschen, daß nur noch in einer Linie des männlichen Geschlechts-Namens, und zwar von seines Bruders, Wenzeslaus Seite, die im Jahre 1559 vom Kaiser Ferdinand in den Adelsstand erhoben ward, seine Familie fort blühet. Auch die Nachkommen dieses Emerich zeichneten sich schon in früheren Jahren durch Kenntnisse und Unternehmungen aus, wie unter andern ein auf hiesigem Nicolai-Kirchhofe befindliches Monument andeutet, auf welchem von einem Georg Emerich geb. 1602 den 17. März gesagt wird, er habe sich große Verdienste erworben; sei einer der vorzüglichsten Bürger seiner Vaterstadt und in vieler Hinsicht ein tätiger Beförderer des Wohles seines Vaterlandes gewesen; habe als Jüngling zu Prag und Wien kaiserliche Geschäfte verwaltet; sei nachher als Kammerherr im Gefolge des kaiserlichen Gesandten nach Konstantinopel gereist, habe Amurath dem Vierten seine Ehrfurcht bezeugt; auch habe er Italien durchreist usw. Georg Emerich, der Erbauer des Heiligen Grabes befand sich im Besitz großer Reichtümer. Er besaß nicht nur innerhalb der Stadt sieben große Häuser und mehrere Gärten bei der Stadt, sondern auch das Städtchen Schönberg, das er sich für 5640 Mark erworben, und überdies noch zwölf Landgüter in der Nähe der Stadt Görlitz, nämlich : Halbendorf, Stolzenberg, Heydersdorf, Thielitz, Nickrisch, Hermsdorf, Leopoldshain, Sercha, Sohra, Neundorf, Lissa, Zodel, auch die Hälfte von Leschwitz. Außerdem hinterließ er nach seinem Tode noch seinen lebenden 12 Kindern eine bare Geldsumme von 31.200 ungarischen Gulden. Er war aber auch im Besitz höherer Güter, und besonders einer gründlichen Gelehrsamkeit, und legte in allen Ämtern, die er zu verwalten hatte, die rühmlichsten Beweise davon ab. Luther selbst, der ihn wohl persönlich gekannt haben mag, rühmt ihn als einen fleißigen und unverdrossenen Mann, dem alles wohl gelungen sei und, der sich überall geschickt bewiesen habe. Im dreiundvierzigsten Jahre seines Lebens, nämlich 1465, entschloß er sich zu einer Reise nach Jerusalem, obschon mit dem Vorsatz, nach seiner Rückkunft eine Nachbildung des heiligen Grabes zu veranstalten, oder bloß, um dem damals höchst bedenklichen politischen Zeitgeiste im Vaterlande auszuweichen, oder beides berücksichtigend - ist ebenso ungewiss als dass er gleich damals zwei Künstler, einen Maler und einen Baumeister mit sich genommen habe, indem man auch nach einer andern Sage behaupten will, es sei dies erst bei der zweiten Reise geschehen, um alles genauer zu besichtigen, auszumessen und abzuzeichnen, was bei der ersten vielleicht übersehen war. Jedoch wenn wir der Nachricht folgen, die wir vor uns haben, so trat er schon seine erste Reise in Begleitung dieser beiden Künstler an, aus welchem Umstand sich nicht ohne Grund auf die wahre Absicht schließen läßt. Die Reise ging über Venedig und Alexandrien und glücklich erreichte er das Ziel derselben. Nachdem er nun hier seine Wißbegierde befriedigt, alle merkwürdigen Orte und Reliquien besehen und an heiliger Stätte die Übungen seiner Andacht vollbracht hatte, wurde er am 11. Juli des selben Jahres von dem Guardian des Minoritenklosters Franziskus von Piacenza, zum Ritter geschlagen, worüber sich noch, nebst dem von dem Guardian ausgestellten Zeugnis, folgendes Chronodistischen erhalten hat: EMericus CVstos, qVI gnaVVs reXerat Vrbis frena, sVper ChrIstI qVasta CreatVs eqVes.

Emerich, der treulich das Regiment der Stadt geführt, ist an der Stelle des heiligen Grabes zum Ritter geschlagen worden. Diese Zeremonie findet auch noch heutzutage statt. So erzählt zum Beispiel der bekannte französische Staatsminister Chateaubriand, welchem, als er 1806 eine Reise nach Jerusalem gemacht, eine ähnliche Ehre zuteil wurde, folgendes davon: ,ich wurde um 1 Uhr in die Kirche geführt; die Türen wurden verschlossen, damit die Türken nicht die Waffen bemerken sollten, was den Mönchen das Leben gekostet haben würde. Der Hüter des heiligen Grabes legte die festlichen Kirchengewänder an, Lampen und Wachskerzen brannten und die Brüder bildeten mit auf der Brust gekreuzten Armen einen Kreis um mich." Auch setzt er noch hinzu, daß dieser Orden, einer der ältesten der Christenheit, ehedem ziemlich in Europa verbreitet gewesen, jetzt aber fast nur in Polen und Spanien zu finden sei. Jenes Zeugnis das unserm Emerich ausgestellt ward und wofür er 12. Dukaten bezahlen musste, ist abschriftlich in dem Knopfe des kleinen Turmes auf der Kirche des hiesigen Heiligen Grabes befindlich. Die Künstler, welche er mit sich genommen, mußten alle Aufmerksamkeit auf die ihnen angegebenen Gegenstände richten, davon nach der inneren und äußerlichen Beschaffenheit sorgfältige Abrisse entwerfen und alles nach Höhe, Länge, Breite und Entfernung ausmessen, um bei der beabsichtigten Nachbildung dem Originale auch im Kleinsten zu entsprechen. Noch bei Lebzeiten seines Vaters, welcher 1470 starb, kam er glücklich zurück und war auch sogleich bemüht, in der Umgegend der Stadt einen Platz aufzufinden, der mit der Gegend Jerusalems die meiste Ähnlichkeit habe. Nach vielem Suchen und Nachdenken glaubte er endlich in der Gegend, wo sich jetzt das von ihm erbaute heilige Denkmal befindet, den schicklichsten Platz dazu gefunden zu haben, nämlich nordwestlich auf einer Anhöhe der äußersten Vorstadt, die von der andern Vorstadt durch das sogenannte Kreuztor abgesondert ist, und zwar im Herausgehen zur rechten Hand. Dort schien ihm nämlich das von Norden gegen Süden und von da wieder bei der Stadtmauer vorbei gegen Osten sich hin schlängelnde Flüßchen, die Lunitz genannt, den Bach Kidron ober Kedron, die Hauptkirche zu St. Petri und Pauli das Richthaus Pilati, ein auf der oben genannten ziemlichen Anhöhe von Süden gegen Norden, vierzig Schritt in die Länge und zwanzig in die Breite sich ausdehnender Garten den Kalvarienberg oder die Schädelstätte nebst der dazugehörigen Gegend, und der dahinter nordostwärts liegende Hügel den Oelberg einigermaßen vorzustellen, und darum entschloß er sich dazu, an diesem Orte das beabsichtigte Werk auszuführen. Allein er bedurfte dazu nach den damaligen Umständen der bischöflichen Einwilligung, wodurch denn die Erbauung derselben verzögert wurde. Da er nun während der Zeit dieser Verzögerung gerade kein Amt im Stadtmagistrat, in welchen er vor einigen Jahren getreten war, zu verwalten hatte, so faßte er 1476 den Entschluß zu einer zweiten Reise nach Jerusalem. Auf dieser Reise begegnete er zufällig einer Landsmännin, Agnes Finger, einer reichen Tuchmacher-Wittwe, welche den Herzog Albrecht von Sachsen auf seinem Zuge ins gelobte Land im Pilgerhabit begleitete. Man hielt hernach unsern Emerich und diese Agnes für zwei Eheleute, und daher heißt es in einer Beschreibung, welche der Land-Rentmeister und Ritter Hans von Mergenthal [†1488] von dieser Reise aufgesetzt und Hieron Weller [Hieronymus Weller] 1586 herausgegeben hat: „Diese zwei Eheleute haben das Muster vom heiligen Grabe genommen und danach zu Görlitz vor der Stadt eine Kapelle bauen lassen und ein Grab in aller Gestalt wie das zu Jerusalem." Allein Agnes Finger hat keinen besonderen Anteil an der Erbauung dieses Grabes genommen, ob sie gleich sehr mildtätig gewesen ist. - Mit ihr, die ihn unerwartet mit Namen nannte und sich zu erkennen gab, setzte er die Reise fort und schloß sich an die größere Gesellschaft an. Diesmal verweilte er länger zu Jerusalem. Er ließ durch die wieder mit sich genommenen Künstler die Richtigkeit der vorhin gemachten Abmessungen und Risse aufs Neue untersuchen und da, wo sich ein Fehler vorfand, solchen genau verbessern und kam erst 1478 nach manchen glücklich überstandenen Gefahren nach Görlitz zurück, konnte aber erst im Jahr 1480, den 1. October durch den Offizial des meißnischen Bischofs, Johann des Fünften zu Budissin [Johann V. von Weißenbach, † 01.11.1487 in Leipzig, war von 1476 bis 1487 Bischof von Meißen], Dr. Casp. Marienna die Erlaubnis erhalten, die Ausbreitung des Namens und Dienstes Christ durch Nachbildung des heiligen Grabes, wie er meinte, in seiner Vaterstadt zu befördern und dadurch die Verehrung der heiligen Orte, die in ihm bei dem persönlichen Besuch erhöht worden war, auf seine Mitbürger (zu) übertragen. - Nun aber wurde gleich im Jahre darauf durch den Werkmeister Blasius Röhrer aus Leipzig mit Erbauung der Kirche und der übrigen Denkmäler begonnen und schon im Jahre 1489 war das Werk beendet. 1504 erhielt der Magistrat durch Dr. Wilibald Petzig, Offizial in Budissin [heute Bautzen], in Abwesenheit des Bischofs Johann des Sechsten, die bischöfliche Bewilligung, den Altar der Kirche durch Johann, Bischof zu Waradein [Johann Filipec, tschechisch: Jan Filipec [*1431 in Proßnitz, Mähren, † 28.06.1509 in Ungarisch Hradisch]; auch Jan z Prostějova. Nach der Bischofsliste von Großwardein: Johannes IX. Filipecz de Prosznicz; *1431 in Proßnitz, Mähren, †28.06.1509 in Ungarisch Hradisch], weihen zu lassen.


In „Geschichte von Görlitz“ von C. G. Theodor Neumann, 1850, wird das Heilige Grab von Görlitz wie folgt beschrieben:


„Die Eingangstür ist auf der Morgenseite. Dicht an derselben liegen links und rechts zwei große gehauene Steine der Länge nach, worauf die Grabwächter gesessen haben sollen;  ein Dritter liegt einige Schritte davor quervor zur Erinnerung an den Stein vor dem Grabe.  An der Wand befinden sich die Riegel, daneben die Siegel des Pilatus und beider Hoherpriester.  Ferner stehen zwei Specereigefäße wegen der zweiten Salbung  Christi durch die drei Weiber da.  Das erste ist ein einfaches Vorgemach. Der Eingangstür gegenüber zur linken Hand ist eine 2⅛ Elle hohe Öffnung, welche in das Heilige Grab selbst hinabführt.  Vor demselben liegt ein Stein, worauf der Engel am Auferstehungsmorgen saß.  Das Grab selbst ist 3⅜ Ellen lang, 3⅛ Ellen breit und 6¼ Ellen hoch.  Es ist darin nichts Merkwürdiges, außer einer Statue von Christus, welche 5 Fuß 5½ Zoll lang ist.  Der Berg, welcher sich jenseits der Lunitz (Bach Kidron) erhebt, soll den Ölberg vorstellen;  der südwärts an ihm stehende umzäunte, die Stelle wo Christus gebetet hat; eine Steinwurfweite südöstlich weg ist ein viereckiges Rasenplätzchen, das den Ort bezeichnet, wo er seine drei Schüler verließ und diese einschliefen.“

 





Der Leiter der 1883 begonnenen Ausgrabungen auf einem russischen Besitz östlich der Grabeskirche in  der Altstadt von Jerusalem, Baurat Schick (*27.01.1822 in Bitz, Württemberg, † 23.12.1901 in Jerusalem) hatte lange an der Echtheit des Grabes in Jerusalem gezweifelt.


Foto der Grabeskirche
1861



Conrad Schick, geboren am 27. Januar 1822 in Bitz bei Ebingen war gegen Ende des Jahres 1846 mit einer Gruppe von Missionaren nach Jerusalem gekommen, um dort bei der Gründung eines Bruderhauses tätig zu sein. In Kornthal hatte er die Schlosserei gelernt und in Ebingen sich in der Anfertigung feiner mathematischer Instrumente geübt. Während seiner Wanderschaft als Geselle machte er erstmals Bekanntschaft mit Missionszöglingen. Bald darauf fand er Aufnahme in der Pilgermissionsanstalt in Basel. Von dort führte ihn sein Weg in das Heilige Land. Er sollte hier sein ganzes Leben verbringen. 1850 wurde er Vorsteher des Handwerkinstitutes und bald darauf Bauinspektor der Judenmissions- sowie der Deutschen Missionsgesellschaft. Lange Jahre war er als Architekt für die Stadt Jerusalem tätig. Dies gab ihm Gelegenheit zur Erforschung der alten Stadt. Die Archäologie war zu dieser Zeit in Mode gekommen. Sein Interesse für die Vergangenheit des Landes wuchs, und bald wurde er zum besten Kenner Jerusalems und Palästina seiner Zeit.


Plan der Grabeskirche 1898 durch Conrad Schick


Eingehend befasste er sich mit der Topographie, erstellte Pläne des alten und neuen Jerusalems, betrieb Studien über den Tempel der Juden und den Tempelberg, machte Ausgrabungen an der Grabeskirche der Christen. Als 1877 der Deutsche Palästinaverein gegründet wurde, war Schick im Vorstand. Mehr als fünfzig Beiträge lieferte er für die Zeitschrift des Vereins. Seine Arbeiten fanden Anerkennung mit der Verleihung des Titels eines königlich-württembergischen Baurats 1869 und er wurde 1896 Ehrendoktor der Universität Tübingen. Conrad Schick starb mit 82 am 27. Dezember 1901 in Jerusalem, seiner Stadt.



  326 Beginn mit dem Bau der Grabeskirche

  335 Einweihung der Grabeskirche am 13. September

  614 Eroberung Jerusalems durch die Perser, Brand der Grabeskirche

  616 Wiederherstellung durch den Jerusalemer Patriarchen Modestos.

  831 Erneuerung der Holzkuppel durch den Jerusalemer Patriarchen Thomas.

  936 Brand an den Südtoren.

1009 Zerstörung der Grabeskirche durch Hakim Biamrillah.

1048 Wiederherstellung durch Konstantin Monomachos und Patriarch Nikephoros.

1147 Blitzschlag zerstört das Heilige Grab.

1148 Einweihung des Kreuzfahrerdoms.

1187 Saladin lässt die Glocken der Grabeskirche zerstören.

1231 Neue Einweihung durch Patriarch Gerold

1305 Robert von Sizilien erwirbt die Grabeskirche.

1342 Die Franziskaner übernehmen Aufsicht und Pflege der Grabeskirche.

1555 Restaurierung durch den Franziskaner Bonifazio di Ragusa.

1681 Einsturz der obersten Stockwerke des Turms.

1719 Erneuerung der Kuppel.

1808 Brand in der Grabeskirche.

1808 Wiederherstellung bis 1810.

1863 Bau der eisernen Kuppel der Rotunde durch Architekt Mauss bis 1869.



Grabeskirche, ca 1918 Quelle: Zentralblatt der Bauverwaltung N.49,
Berlin 1918



Im Laufe der Jahre, bedingt durch seine Ausgrabungen und Vermessungen an der Grabeskirche hatte sich seine Meinung über das Grab völlig gewandelt. Gräber wurden nie innerhalb der Stadt angelegt, und er hatte nun Hinweise gefunden, dass die Stelle des Grabes Jesu zwar nahe der Mauern von Jerusalem gelegen war, aber doch außerhalb der damaligen Stadtmauer. Hier, wo auch der Hügel Golgatha gewesen sein soll, wölbt sich die Kuppel der Grabeskirche über dem Heiligen Grab. Doch einen endgültigen Hinweis hatte auch der Baurat nicht erbringen können.

‚Wenn du von da aus, außerhalb der Mauer, den Zion verlässt, in Richtung auf das neapolitanische Tor, sind auf der rechten Seite unter im Tale Wände, wo das Haus oder Prätorium des Pilatus stand, dort wurde der Herr vor seiner Passion verhört. Auf der linken Seite aber ist der kleine Hügel Golgatha, wo der Herr gekreuzigt wurde. Ungefähr einen Steinwurf davon entfernt befindet sich die Höhle, wo sein Leib bestattet war und am dritten Tag auferstand. Dort ist auf Befehl des Kaisers Konstantin eine Basilika, das heißt eine Kirche, von wunderbarer Schönheit errichtet worden. Sie hat Becken an der Seite, aus denen Wasser entnommen wird, und hinten ein Bad (Taufbrunnen) in dem die Kinder getauft werden.‘

So beginnt der erste überlieferte Schrifttext über das Heilige Grab. Geschrieben von einem anonymen Pilger, den man seiner Herkunft nach den ‚Pilger von Bordeaux‘ nannte. Der im Jahre 333 nach der Kreuzigung Jesus die damals überaus beschwerliche Reise in das Gelobte Land unternommen hatte. Seine Reiseerlebnisse sind der Nachwelt erhalten geblieben.

Das Jahr, das er für seine Reise gewählt hatte war die Zeit reger Bautätigkeit an dem Ort der Grablegung des Jesus von Nazareth, dem Ort der Verehrung des noch am den Anfängen stehenden Christentums. Die noch junge Religion der sich Christen nennenden Menschen hatte sich über dem Grab ihres Verkünders eine Pilgerstätte geschaffen.


1916 - das wohl erste Foto einer Kirchgängerin am Heiligen Grab (aus New York Tribune)


Tausendfünfhundert Jahre danach. Der katholische Pfarrer Benedikt Bauer* aus Waltersweiler beschreibt seine Eindrücke vom Heiligen Grab. Die im Frühjahr 1885 begonnene Fahrt in den Orient hatte in Jerusalem ihren Höhepunkt. ‚Nach dem Heiligen Lande‘ nennt er seine Aufzeichnungen – und wenig hat sich in den folgenden einhundert Jahren geändert:


‚Das größte Heiligtum der Stadt und der ganzen christlichen Welt ist die heilige Grab- oder Auferstehungskirche, umschließt sie ja doch den Kalvarienberg und das Grab Christi, wo sich die größten und bedeutungsvollsten Geheimnisse unserer Erlösung vollzogen...


Die heutige Grabeskirche ist ein ebenso umfangreiches als unregelmäßiges Gebäude, ein wahren Labyrinth von ineinander verwachsenen und aneinander gereihten Kirchen und Kapellen, mit dem wohl kein zweites der Erde verglichen werden kann; sie umfasst die eigentliche Grabkirche, den Kalvarienberg, die Kreuzauffindungskapelle und viel Kapellen, welche trotz des hügeligen Terrains unter einer Bedachung vereint sind. Das Äußere ist fast auf allen Seiten mit Gebäuden, Kapellen, Klöstern und Hospizen umgeben, nur auf die Südseite mündet ein verhältnismäßig kleiner, freier Platz, der als Markt seine Verwendung findet; von da erblickt man das schöne, alte Portal und den ruinenhaften Kreuzfahrerturm.



Turm der
Grabeskirche
(Dumont)
Wir treten ein ! In der Vorhalle sitzen die türkischen Wächter an einem Kohlenfeuer, trinken Kaffee und rauchen Nargileh; sie sind hier, um unter den verschiedenen christlichen Konfessionen Ordnung aufrecht zu erhalten, Händeln und Streitigkeiten vorzubeugen, wie auch zu verhindern, dass von den Heiligtümern etwas gestohlen werde. Gleich rechts biegen wir um und steigen auf 18 steinernen Stufen auf den eigentlichen Kalvarienhügel. Derselbe ist ganz mit Marmor bekleidet, denn sonst hätten ihn die Pilger schon längst abgetragen und als Reliquien mit in die Heimat gebracht. Über Golgatha wölbt sich eine geräumige Kirche, welche durch zwei große Pfeiler in zwei Kapellen, die der ‚Kreuzannagelung‘ und der ‚Kreuzerhöhung‘ geschieden wird, wovon erstere den Lateinern (römisch-katholichsche Christen), letztere den Griechen (griechisch-orthodoxe) gehört...


Neben dem Kreuze Christi ist unter einem verschiebbaren Silberblech ein großer Riss in den Felsen sichtbar, der beim Tode Jesu entstanden sein soll; in einer gebogenen Linie windet er sich durch den Berg. Tief unten, in der sogenannten Adamskapelle, sehen wir ihn wieder. Tief erschüttert gehen wir von Golgatha herunter und kommen zum Salbungsstein, der Dem Eingang der Kirche gegenüber liegt. Hier wird die Stätte verehrt, wo Joseph von Arimathia und Nikodemus den Leichnam Jesu gesalbt und ein reine Leinwand und Spezereien gehüllt haben; sechs Riesenleuchter brennen zu beiden Seiten des Steines. Zur Linken öffnet sich das Tor in die Hauptkirche, in den eigentlichen Grabesdom, zum heiligen Grabe. Über dem letzteren wölbt sich eine riesige Kuppel, die auf 16 mächtigen Pfeilern ruht. Die Grab- oder Auferstehungskapelle ist aus rötlichem Marmor in Moskowiten-Stile erbaut und mit einem kleinen Türmchen versehen. Sie besteht aus drei Teilen: einem Vorplatz, der Engelskapelle und der eigentlichen Grabkammer. Von dem Vorplatz, auf welchem ungeheure Kandelaber stehen, tritt man in die Engelskapelle, in deren Mitte ein in Marmor gefasster Stein sich befindet, welcher ein Stück jenes Steines sein soll, der vor der Öffnung des Grabes lag und auf dem sich der Engel am Auferstehungsmorgen gesetzt hatte.


Aus dieser Vorkapelle, die durch 15 silberne und goldene Lampen taghell erleuchtet ist, gelangt man durch eine niedrige Öffnung in die Grabeshöhle; sie ist so eng und klein, dass kaum vier Personen nebeneinander stehen oder knien können. Das Grab Christi, mit bläulich-weißem Marmor umschlossen, ist 2 Meter lang, 1 Meter breit und 70 Zentimeter hoch und duftet von frischen Blumen und Spezereien. 27 goldene und silberne Lampen, Weihgeschenke von Päpsten, Königen und Fürsten leuchten von der Wölbung herab und spenden ausgiebigen Schein; um das Grab herum erglänzen in kleinen Nischen goldene Leuchter und an der Altarwand hängen drei Bilder des Auferstandenen, zum Zeichen, dass drei Konfessionen (Lateiner, Griechen und Armenier) das Eigentumsrecht durch Darbringung des heiligen Opfers ausüben. Am wertvollsten ist das ganz aus Silber verfestigte Reliefbild ‚Die Auferstehung nach Raffael‘, dessen Rahmen überdies mit 53 Edelsteinen geschmückt ist. Es ist eine Weihgabe des seligen Kardinals Antonelli und somit ein den Katholiken gehörender Schatz des Heiligen Grabes. Unwillkürlich wird man beim Anblicke der Pracht des Heiligen Grabes an die Worte der Heiligen Schrift erinnert: ‚Sein Grab wird herrlich sein...‘



* Bauer, Benedikt, geboren am 12. März 1847 in Waltersweiler Kreis Offenburg, gestorben am 09. Februar 1928 in Überlingen. Dr. der Theologie, katholischer Pfarrer. Priesterweihe 1870. Vikar in Schliengen und Stetten bei Lörrach, ab 1881 Kurat in Höllstein und Schopfheim. 1885 Reise in den Orient. ‚Nach dem Heiligen Lande‘ veröffentlicht 1887. Wurde 1920 von der Theologischen Fakultät in Freiburg im Breisgau zum Doktor ernannt und im gleichen Jahr zum Geistlichen Rat.




Mehr als einhundert Jahre liegen zwischen dem Bericht von Benedikt Bauer und heute – nur wenig hat sich an diesem Kirchenbau geändert. Aber verändert hat sich Jerusalem. Der Chronist hatte gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts eine trostlose Stadt angetroffen. Das karge Leben spielte sich hinter der Stadtmauer ab, die Tore wurden am Abend verschlossen. Dreck und Unrat bedeckte die Gassen, und einer Choleraepidemie fielen unzählige Bewohner zum Opfer. Keine ‚goldene Stadt‘ war dieses Jerusalem, und wären nicht die heiligen Stätten gewesen, mag Jerusalem in Vergessenheit geraten sein, versunken im Schutt, dem Gestank und der Armut. Doch es zog die Pilger wie ein Magnet an diesen Ort. Und mit ihnen kamen die Gelehrten, die Archäologen, die Forscher. Es war Mode geworden, Altertümer auszugraben, althebräische Schriften zu studieren, Bibelforschung zu betreiben.


Das reiche Europa hatte seine Hand nach dem Orient ausgestreckt. Engländer, Franzosen, Deutsche – sie besannen sich auf ihr christliches Erbe, strömten herbei. Wer Geld hatte und etwas auf sich hielt studierte vor Ort die Geschichte. Vieles wurde entdeckt, vieles aber auch von Dilettanten zerstört. Fälschungen erschienen auf dem Markt. Man hatte erkannt, dass sich mit den aus der Erde gegrabenen Gegenstände Geld machen ließ. Die Höhlen am Toten Meer wurden zu Schatzgruben, die nach und nach ihren Inhalt preisgaben. Schriftrollen mit alten biblischen Texten tauchten in den Läden von Jerusalem auf, fanden ebenso wie auch plumpe Fälschungen ihre Käufer, verschwanden in Privatsammlungen oder wurden in europäischen Museen dem staunenden Publikum vorgeführt.







Wappen von Jerusalem


Jerusalem hatte begonnen, sich seiner Geschichte zu erinnern, die ungastliche Stadt war umlagert von denen, die hier ihr Heil und ihr Glück zu finden glaubten. Russische Juden, die von den Pogromen aus ihrem Land geflohen waren, deutsche Priester, die hier den christlichen Glauben missionieren wollten, englische Missionare, die Schulen für Waisenkinder bauten, griechische Pilgergruppen. Aus dem Jerusalem des Benedikt Bauer wurde in jedem Sinne eine goldene Stadt.  


Der Besuch der Grabeskirche wird den geschichtlich Interessieren oder Pilger zunächst kaum das gewohnte Bild eines Kirchenhauses vermitteln. Irritiert von dem Besucherandrang betritt man ein museales Gebäude und erreicht nach wenigen Schritten den Salbungsstein. Umgeben von Kerzenleuchtern und Lampen (diese sind ein gemeinsamer Beitrag der Armenier, Kopten, Griechen und Lateiner) ist hier seit 1810 eine rötliche Kalksteinplatte in den Boden eingelassen. Erdbeben und Feuer hatten 1808 den an selber Stelle seit dem 13. Jahrhundert angebrachten Stein zerstört. Das Eigentum daran ist zwischen den vier großen christlichen Kirchen aufgeteilt. Überlieferung und Glaube lassen bereits hier die christlich-religiösen Auslegungen der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften erkennen. Nach katholischer Meinung ist hier der Ort der Salbung des Leichnams Jesu durch Joseph von Arimathäa*, die Griechisch-Orthodoxe Kirche vermag hier jedoch die Abnahme Jesu vom Kreuz erkennen. Der Stein wird von einer nicht endend wollenden Quelle mit Wasser befeuchtet (dies deutet auf eine dafür installierten Wasserleitung hin), was von den Gläubigen aus aller Welt als heiliges Weihwasser mit Schwämmen und Tüchern aufgesaugt wird und, wohl in der Hoffnung auf heilende Wirkung in Flaschen abgefüllt wird.


*Joseph von Arimathäa (sein angebliches Grab befindet sich in der kleinen Westapsis der Rotunde) war wohl ein Ratsherr jüdischen Glaubens, der nach der Kreuzigung Jesu von Pilatus den Leichnam erbitten und zusammen mit Nikodemus vom Kreuz abnahm und bei Golgatha bestattete. Beschuldigt des Leichenraubes, Jesu war nach der Auferstehung aus seinem Grab verschwunden, wurde Arimathäae zu 40 Jahren Kerker verurteilt und verließ wohl nach seiner Entlassung die Heimat. Er wird als Patron der Leichenbestatter verehrt.


In seiner „Anschauung und den neuesten Forschungen“ vermerkt der evangelische Stadtpfarrer zu Rottweil, Dr. Philipp Wolff* 1857:


„Der Salbungsstein, auf dem der Leichnam des Herrn Jesus eingesalbt worden sein soll, eine gegen 8 Schuh lange und etwas über 2 Schuh breite Platte von röthlich gesprenkeltem Marmor. Er ist nur wenige Schritte vom Eingang, demselben gerade nördlich gegenüber entfernt, und pflegt von jedem Eintretenden geküsst zu werden. Alljährlich am ersten Fastentage soll er gesalbt werden."



Salbungsstein



*Wolff: Philipp W., Orientalist, geboren in Ulm am 22. December 1810, † in Tübingen am 1. Januar 1894, widmete auf der Universität Tübingen sein Hauptstudium der Theologie, aber frühe erfaßte ihn die Neigung zur Erlernung orientalischer Sprachen und dies führte ihn nach Halle, wo Rödiger, Gesenius, Tholuck und Ullmann seine Lehrer wurden. Der Erstgenannte spielte ihm den Text eines arabischen Dichters in die Hände, mit dessen Herausgabe W. doctorirte (1834). Später saß er in Paris zu den Füßen Silvestre de Sacy's. In die Heimath zurückgekehrt ließ er sich als Privatdocent für die Sprachen und Litteraturen des Orients in Tübingen nieder (1835), erkannte aber bald, daß diese Laufbahn wenig Aussicht auf Weiterkommen eröffnete. So wandte er sich denn zurück zu seiner ursprünglichen Bestimmung, dem geistlichen Amt. Die Pastorirung der kleinen evangelischen Gemeinde in der alten|Reichsstadt Rottweil war fortan sein Lebensberuf (1837—1882). Aber die Liebe zum Orient erkaltete nicht bei ihm. Noch in Tübingen hatte er sich an die Verdeutschung "morgenländischer Erzählungen" gemacht und als Anfang die Fabeln Bidpai's nach ihrer arabischen Bearbeitung (Calila und Dimna) ausgehen lassen (Stuttg. 1837). Nun in Rottweil folgten aus dem Persischen überseht Sadi's Rosengarten (Stuttg. 1841) und als Probe altarabischer Poesie die unter dem Namen "Muallakat" bekannten sieben Preisgedichte (Rottw. 1857). Neben der arabischen Dichtung interessirten den Theologen W. die rebigiösen Vorstellungen der Araber, und als Silvestre de Sacy sein berühmtes Exposé de la religion des Druzes schrieb, fühlte W. das Bedürfniß in seinem Buch: "Die Drusen und ihre Vorläufer" (Leipz. 1845) eine freie Bearbeitung von jenem zu geben, welche durch Hinzufügung einer Geschichte der älteren Secten des Islam ihren eigenthümlichen Werth behauptet. Der lange genährte Wunsch, den Orient mit eigenen Augen zu sehen, erfüllte sich bei W. durch eine Palästinareise im J. 1847, welcher ein abermaliger Aufenthalt in Jerusalem im Winter 1869/70 folgte. Hatte schon die Beschreibung der ersten Reise (Stuttg. 1849) praktische Winke für Palästinafahrer enthalten, so trat ein speziell "Jerusalem" schilderndes Werk (Leipz. 1857, 1862, 1872) ganz im Gewande eines (illustrirten) Reisehandbuchs auf. Als Localforscher über die geschichtlichen Monumente der alten Stadt konnte und wollte W. nicht gelten — denn die von ihm ausgeführten Messungen an der Tempelplatzmauer bilden eine Ausnahme —, wol aber kannte er recht gut die Ergebnisse der gelehrten Untersuchungen und wußte zu ihnen Stellung zu nehmen. Was er geben wollte, war eine ausführliche Beschreibung der heutigen Stadt, ihrer Neubauten so gut wie ihrer Trümmerstätten, ihrer alteingesessenen und ihrer zugewanderten Bewohner. 


Daß W. bestrebt war, seine eigenen Beobachtungen, wie er sie z. B. in seinen "Flugblättern aus Jerusalem vom November und December 1869" (Stuttg. 1870) niedergelegt hatte, auf dem Wege der Correspondenz und der Lectüre zu ergänzen und sich über die Vorgänge in der Stadt immer auf dem Laufenden zu erhalten, das zeigte W. als rühriger Mitarbeiter der deutschen morgenländischen Gesellschaft und des Deutschen Palästina-Vereins wie als Berichterstatter verschiedener Zeitschriften (Auswahl in: "Sieben Artikel über Jerusalem aus den Jahren 1859 bis 1869", Stuttg. 1869). Ein "Arabischer Dragoman" (1857, 1867, 1883) war dazu bestimmt, die Besucher Palästinas, Syriens und Aegyptens mit den nötigen Kenntnissen im Neu-Arabischen auszurüsten. An der letzten (allein genügenden) Auflage desselben arbeitete W. noch in Tübingen, wo er als Pensionär seine letzten Lebensjahre zubrachte.

Quelle: Heyd, Wilhelm von, „Wolff, Philipp“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898), S. 44-45 



Zentralblatt der Bauverwaltung Nr.49, Hrsg: Ministerium der öffentlichen Arbeiten Berlin, 15.Juni 1918


Wir verlassen das fromme Treiben am Salbungsstein, der von der israelischen Wasserbehörde Gihon mit einem nie enden wollenden Rinnsal an ("heiligen") Wasser versorgt wird. Nach links geht es durch immer dichter werdendes Gedränge zur Rotunde und dem Grab Jesu. 18 Säulen tragen den Rundbau mit der Kuppel, die in den 1960er Jahren fertig gestellt wurde. In 34 Metern Höhe hat sie einen Durchmesser von ca. 20.5 Metern. 1869 wurde unter der Leitung des französischen Architekten Christophe Edourad Mauss (*1829 in Rouen - 1914) in Zusammenarbeit mit dem russischen Architekten Martin Ivanovich Eppinger* (*1822 - 1872) die damals hölzerne Überdachung der Rotunde durch die jetzige eiserne Kuppel ersetzt worden. Darunter befindet sich ein kastenförmiger Schrein, der als das Grab Christi bezeichnet wird. Die aktuelle Struktur wurde ein Jahr nach dem schweren Brand 1808 errichtet. Die Gelegenheit nutzten die Griechen für die eigenen Vorstellungen einer Restaurierung. Unter dem kaiserlichen Baumeister Komnenos von Mytilene wurde trotz Protest der Franziskaner die Anastasis neu gestaltet. Das Original aus dem 4. Jahrhundert, der konstantinische Bau war vom Heer des Sultan Hakim 1009 zerstört worden. Im Inneren des Schreins befinden sich nun zwei kleine Räume und zunächst betritt man die griechisch-orthodoxe Engelskapelle. Durch eine niedrige Tür erreicht man schließlich die 14. Station des Kreuzweges – das Heilige Grab. Eine Marmorplatte bedeckt die Stelle.


*Die zwischen 1860 und 1872 gebaute Dreifaltigkeitskathedrale in Jerusalem ist von dem russischen Architekten Martin Ivanovich Eppinger im Auftrag der franz. Regierung entworfen worden. Mauss war maßgeblich beteiligt an der Restaurierung der Kirche St. Anna in Jerusalem.



Aufteilung der Konfessionen


Sechs Konfessionen beanspruchen den der Christen heiligsten Ort. Franziskaner, orthodoxe Griechen, Kopten, Syrer, Äthiopier und Armenier müssen sich dem 1852 von den Osmanen eingeführten Status Quo unterordnen, denn für jedes Glaubensbekenntnis gibt es eigene Kapellen, Heiligtümer, Altare und drei unterschiedliche Zeitrechnungen. Ein Labyrinth mit unzähligen verschiedenen Stilrichtungen, Messen und Prozessionen. Über Treppen, enge Gänge und schmale Maueröffnungen haben wir das Dach erreicht. Der Blick auf die Stadt ist atemberaubend. Hier oben in der Hitze der Mittagssonne ist nichts mehr zu spüren von dem frömmelnden Tumult unter der Kuppel. Eine schwarzafrikanische Enklave hat sich mehr schlecht als recht hier eingerichtet. Noch 1514 hatte der italienische Pilger Barbone (Landstreicher?) Morosini berichtet, die Kapellen St. Maria von Golgatha und St. Paul seien im Besitz der Äthiopier. („Barbone Morosini, Pellegrinaggio in Terra Sancta“). Und nun: neben der Kuppel auf dem Dach der Grabeskirche haben die Mönche der Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo-Kirche ihre ärmlichen Unterkünfte mir 26 kleinen Zimmern und zwei Kapellen. Sie hatten viele heilige Stätten im Land und führten ihre Anwesenheit auf die biblische Königin von Saba zurück, jedoch im 19. Jahrhundert nach einer Seuche ging ihr Einfluss verloren. 


Kuppel und Dach der Grabeskirche


Der ägyptische Statthalter von Syrien und Palästina und Vizekönig von Ägypten Ibrahim Pascha (*1789 - †10.11.1848) ließ 1838 Tausende von wertvollen heiligen Büchern der Äthiopier verbrennen.  Koptische Christen verdrängten die äthiopischen Mönche. Als sie später einige der Orte wieder in Besitz nahmen war auch das Debre Seltan (arab.. Deir al Sultan) auf dem Dach der Kirche dabei. 1970 hatten sie während der Osterliturgie und der Abwesenheit der koptischen Mönche die beiden Kapellen besetzt und die Schlüssel ausgetauscht. Man ist nicht zimperlich im Umgang miteinander. Nicht selten artet der Konflikt beider Konfessionen in Prügeleien aus. Das geistige Oberhaupt der äthiopisch-orthodoxen Kirche (der zweitgrößten Ostkirche) war der Patriarch Abune Paulos (*03.11.1935 - †16.08.2012). Den "Hütern der Bundeslade" sei zu wünschen, dass sie gleichberechtigten Anteil am Zusammenleben der Konfessionen in der Grabeskirche erhalten.


"Die Bundeslade, Tabot" Aksum (Axum) Aethiopien 2013 Foto mit freundlicher Genehmigung:
timediver ®



"Und es soll geschehen, wenn ihr gewachsen seid und euer viel geworden sind im Lande, so soll man, spricht der HERR, zur selben Zeit nicht mehr sagen von der Bundeslade des HERRN, auch ihrer nicht mehr gedenken noch davon predigen noch nach ihr fragen, und sie wird nicht wieder gemacht werden; Jeremia 3.16"


Die zentrale Legende der äthiopischen Juden (von denen sich viele dem Christentum anschlossen) beschreibt in der Chronik "Kebra Negasi" den Weg der Bundeslade nach Aksum (auch: Kebra Negest - ein im 13. Jahrhundert verfasster Bericht in 117 Kapiteln über die Herkunft der äthiopischen Herrscher) Äthiopiens König Menelik sei ein Sohn von König Salomo gewesen, gezeugt in Jerusalem, und dessen Mutter die Königin von Saba, die ihn in Äthiopien geboren habe (in den Kapiteln 19-94). Und Menelik habe nach einem Besuch bei seinem Vater die Bundeslade in sein Reich gebracht. Meneliks Geschwister hatten sich über die große Ehrerbietung von Salomo zu seinem illegitimen Sohn beklagt und so sollte er wieder nach Äthiopien zurück geschickt werden. Azarius, Sohn des Hohenpriesters von Israel (Zadok) soll bei dieser Gelegenheit die Bundeslade aus dem Tempel gestohlen haben, und als Menelik davon erfuhr, entschied er sie mitzunehmen. Zurück in seiner Heimat wurde er erster König von Äthiopien. Dort, in der Kapelle der Heiligen Maria in Aksum (dem ältesten und wichtigsten Kirchengebäude der äthiopisch-orthodoxen Kirche) bewacht ein Mönch die Lade. Sein ganzes Leben lang, ohne die Kapelle zu verlassen. Niemand sonst darf sie betreten. Kopien der Bundeslade (Tabot) werden während des Timket Festes, ein Fest zum Gedenken an die Taufe Christi am 19. Januar ins Freie getragen.

(Siehe auch: "Die Wächter des Heiligen Siegels - Auf der Suche nach der Verschollenen Bundeslade", Graham Hancock, Lübbe Verlag, 1992)



Bundeslade Deckengemälde, Dreifaltigkeitskirche Speyer


Direkt unter dem Hofe des abessinischen (äthiopischen) Klosters der Jerusalemer Grabeskirche befindet sich - im Besitz der Armenier - die Helena-Kapelle, benannt nach der Mutter des Kaisers Konstantin des Großen. Sie liegt 5,40 m tiefer als der Umgang der Grabeskirche und 29 Stufen führen hinab in den etwa 190 qm großen rechteckigen Raum. Die Kapelle ist von Fels (östlich von Golgatafelsen) umgeben und aus ihm herausgehauen. Von hier sind es weitere 13 Stufen hinunter in den Bereich der Franziskaner*. Die Mauersteine rechts und links zeugen von den Pilgern, die christliche Zeichen in den Stein geritzt haben. An Ende des Ganges öffnet sich der Raum zur Kreuzauffindungskapelle - Golgatha. Die heilige Helena fand hier angeblich das Kreuz Christ, eine Bronzestatue von ihr befindet sich links auf dem Altar.


*Jeden Freitagnachmittag um 15:00 Uhr führt eine Prozession der Franziskaner auf den Spuren Jesu durch die Altstadt von Jerusalem.


(Hier in der Sakristei befindet sich in einem Glasschrank das "Schwert des Gottfried von Bouillon", mit dem der Ritterschlag erteilt wurde. Der Heerführer beim ersten Kreuzzug und "Beschützer des Heiligen Grabes" war nach seinem Tod im Juli 1100 n. Chr. in der Grabeskirche beigesetzt worden).


Der Pilgerin Aetheria, der wohl aus Galizien oder Südgallien stammenden Nonne (auch Egeria) zufolge, war bereits in der 80er Jahren des 4. Jahrhunderts n. Chr. nur ein verhältnismäßig kleines Fragment des Kreuzes in Jerusalem geblieben. Sie hatte die Stadt zwischen 381 und 384 besucht und ausführlich über die Liturgie berichtet, bei der den Gläubigen die Kreuzreliquie feierlich vorgezeigt wurde. Helena als Finderin wurde von ihr mit keinem Wort erwähnt, wohl aus Unwissen oder auch durch Berichte des Eusebius, Bischof von Cäsarea und Kirchenschriftsteller, der aus kirchenpolitischen oder theologischen Gründen seine Berichte auf das Grab selbst lenken wollte. Waren die Gründe der Errichtung der Kirche letztlich nicht das Grab, sondern der Auffindung des Kreuzes? Helena, so jedenfalls die Überlieferungen, identifizierte es an seiner Inschrift. Pilatus hatte befohlen, die Tafel daran anzubringen. Und Helena sandte ihrem kaiserlichen Sohn Nägel und ein Stück des Kreuzholzes. Auch der Kirchenhistoriker Gelasius von Cäsarea, ein Neffe des Bischof Cyrill von Jerusalem interpretiert den Fund der Nägel als immense historische und politische Bedeutung, der Ursache für die Christianisierung des Römischen Reiches und Bekehrung Konstantins sei.




Das Christentum zählte bereits den 37. Papst, der spanische Damasius I., - Nachfolger des am 24.9.366 verstorbenen Liberius - war seit 366 n.Chr. Oberhaupt der noch jungen Religion. Und Ambrosius von Mailand (geb. etwa 333 in Trier; † 4. April 397 in Mailand), Bischof und einer der vier Kirchenväter der Westkirche beschreibt in seiner bewegenden Totenrede auf den oströmischen Kaiser Theodosius dem Grossen, der am 17.01.395 gestorben war,  den Fund des Kreuzes auf Golgatha:

"Helena kam denn und begann die heiliges Orte zu besuchen. Da gab ihr der Geist ein, das Kreuzesholz aufzusuchen. Sie begab sich auf Golgatha und sprach: „Sieh, der Ort des Kampfes! Wo ist der Sieg? Ich suche das Panier des Kreuzes, aber ich finde es nicht. Ich,“ rief sie aus, „auf dem Throne, und das Kreuz des Herrn im Staube? Ich in Gold, und Christi Triumph im Schutt? Dieser noch begraben und vergraben die Siegespalme des ewigen Lebens? Wie soll ich an meine Erlösung glauben, wenn die Erlösung selbst sich dem Auge entzieht?

Sie lässt nun den Boden aufgraben, das Erdreich wegnehmen: da stößt sie auf drei durcheinanderliegende. Marterhölzer, die der Schutt bedeckt, der Feind versteckt hatte. Doch Christi Triumph konnte nicht in Nacht vergraben bleiben. Sie ist ratlos, verlegen — verlegen nach Frauenart. Doch der Heilige Geist gibt ihr einen sicheren Fingerzeig durch die Eingehung, dass zwei Schacher mit dem Herrn gekreuzigt wurden. Sie sucht nun nach dem mittleren Kreuzesholz. Doch möglicherweise hatte die Verschüttung die Kreuze durcheinander geworfen, der Zufall sie durcheinander gebracht. Wieder liest sie den Bericht des Evangeliums. Sie findet, daß das mittlere Kreuz die Aufschrift an der Stirne trug: „Jesus von Nazareth, König der Juden“. Hieraus konnte der wahre Sachverhalt erschlossen werden: aus der Aufschrift ward das Kreuz des Heils offenbar. So lautete die Antwort, die Pilatus den Juden auf ihre Vorstellung gab: „Was ich geschrieben habe, bleibt geschrieben“, d.h.: nicht das habe ich geschrieben, was euer Gefallen finden, sondern wovon die kommende Zeit Kenntnis nehmen sollte. Nicht für euch habe ich es geschrieben, sondern für die Nachwelt — beinahe als wollte er sagen: Helena sollte etwas zu lesen finden als Anhaltspunkt, um das Kreuz des Herrn daraus zu erkennen.

Sie fand also die Aufschrift und betete den König, nicht fürwahr das Holz an; denn das wäre heidnischer Wahn und gottloser Aberglaube. Den vielmehr betete sie an, der am Holz gehangen, dessen Name auf der Überschrift gestanden; den, sage ich, der „wie ein Holzwurm“ für seine Verfolger laut zum Vater um Verzeihung ihrer Sünden flehte . Voll Verlangen trachtete die Frau, das Heilmittel der Unsterblichkeit zu berühren, scheute sich aber, das Geheimnis des Heils mit dem Fuße zu treten. Freudigen Herzens und zagenden Schrittes wußte sie nicht, was tun. Doch gelangte sie hin zur Liegestelle der Wahrheit: das Holz leuchtete auf, die Gnade erstrahlte. Und da schon Christus in Maria eine Frau heimgesucht hatte, suchte der Geist in Helena eine solche heim: er tat ihr kund, was eine Frau nicht wissen konnte, und führte sie auf den Weg, den ein Sterblicher nicht erkennen konnte.


Reliquien vom Kreuz Christi (Notre Dame Paris)


Sie suchte die Nägel, mit denen der Herr ans Kreuz geheftet wurde, und fand sie. Aus dem einen hieß sie ein Pferdegebiss machen, den anderen ließ sie in ein Diadem verarbeiten. Den einen verwandte sie zur Schmucksache, den anderen zum Weihegegenstand. Maria ward heimgesucht zur Erlösung der Eva, Helena ward heimgesucht zur Erlösung der Kaiser, Sie sandte ihrem Sohn Konstantin das Diadem, mit Edelsteinen geschmückt, die dem Eisen [des Nagels] eingefügt waren und das den noch kostbareren Edelstein des Kreuzes der göttlichen Erlösung zusammenhielt. Auch den Zaum sandte sie ihm. Beides nahm Konstantin in Gebrauch und vererbte den Glauben auf die folgenden Kaiser. Den Anfang bei den gläubigen Kaisern bildete demnach das „heilig“, das auf dem Zaume stand. Von da rührte ihr Glaube her, so daß ihre Verfolgung aufhörte, an deren Stelle die Gottesverehrung trat.


Nägel
Römisches Reich
Saalburg-Museum Hessen
Weise handelte Helena, da sie das Kreuz auf dem Haupte der Könige aufpflanzte. Es sollte das Kreuz Christi an den Königen verehrt werden. Nicht Ungehörigkeit ist es, sondern Frömmigkeit, wenn der heiligen Erlösung Verehrung gezollt wird. Ein Gut ist dieser Nagel im Zügel der römischen Herrschaft. Er beherrscht den ganzen Erdkreis und schmückt die Stirne der Kaiser, so dass sie jetzt Prediger sind, die so oft die Verfolger waren. Mit Recht ruht der Nagel auf dem Haupte, damit dort, wo der Verstand thront, auch der Schutz herrsche. Auf dem Haupte die Krone, in den Händen der Zügel. Die Krone vom Kreuze, dass der Glaube leuchte; desgleichen der Zügel vom Kreuze, daß die Macht herrsche. Und ein gerechtes Herrschen soll es sein, nicht ein ungerechtes Gebieten. Auch diesen Vorzug mögen die Kaiser von der Freigebigkeit Christi eingeräumt erhallen, daß vom römischen Kaiser in Nachahmung Christi das Wort gelte: „Eine Krone aus kostbarem Edelgestein hast du auf sein Haupt gesetzt“.


Ihre wundersamen Funde als Reliquien zu verehren ist Glaubenssache. Wenig spektakulär ist ihr Fund von Nägeln und Balken. Diesen als authentisch und in Zusammenhang mit der Kreuzigung Jesu zu bringen befriedigt eher den Wunsch nach handfesten "Beweisen" der zu bekehrenden. Spektakulärer ist da der Titulus, die Holztafel am Kreuz. Sie diente der Bekanntgabe des Straftatbestandes, in diesem Fall "Der König der Juden" (Mk 15,26 Und die Überschrift, welche seine Schuld anzeigte, lautete also: Der König der Juden). Auch diesen Fund hatte Helena in ihren Palast Sessorianum nach Rom gebracht. (später Basilika Santa Croce in Gerusalemme). Dort in der Kapelle der Reliquien am linken Seitenschiff der Kirche befinden sich auch ein Nagel, drei kleine Fragmente des Kreuzes und der Finger des ungläubigen Apostel Thomas. Papst Alexander VI.* erklärte 1496 in der Bulle Admirabile Sacramentum die Tafel für echt. (Zweifel am Wert dieser Erklärung gibt allerding der Lebenswandel von Alexander VI.. Er versuchte durch seine Familienpolitik - er hatte mindestens sieben Kinder - Macht und Einfluss zu erlangen).


*Alexander VI., Spanier, *01.01.1430 in Jativa bei Valencia, †18.08.1503. Papst von 1492-1503.


Reliquien von der Person Jesus widersprachen dem Glauben an dessen Auferstehung und hätte die Theologen in arge Erklärungsnot gebracht. Hatte Helena tatsächlich die beschriebenen Reliquien gefunden? Oder gab es Kräfte, die ihre Entdeckung für eigene Interessen nutzten? Die Methode der Kreuzigung war zu dieser Zeit keineswegs etwas besonderes. Dies war die bevorzugte Methode, Verurteilten hinzurichten. Schon hier war der Gedanke der Abschreckung durch die öffentliche Qual der Gekreuzigten. Ob ganze Wälder dafür abgeholzt werden mussten mag bezweifelt werden (Montefiore "Jerusalem") - angebunden oder angenagelt - es waren grausame aber praktische Gründe. Unter diesen Gesichtspunkten ist die religiöse und symbolische Bedeutung des Kreuzes kein erfreulicher Gedanke. 1968 fand man bei Bauarbeiten in Giv'at ha-Mivtar in Ostjerusalem ein Grab mit einer steinernen Knochenkiste und den Überresten einer Frau, eines Kindes und einem im Jahre 7 n. Chr. gekreuzigten jungen Mann. Jehohanan, in dessen rechten Fersenknochen noch ein 11,5 cm langer Eisennagel steckte - für die Archäologen eine Sensation, denn dies war der bisher erste Fund eines Gekreuzigten.




Kreuzigung- Wandrelief Dom Frankfurt am Main


Im Jahre 431 wurde durch das Konzil von Ephesos durch die Legaten von Papst Coelestin I.* das Kreuz offiziell als christliches Symbol anerkannt.


*geb. in Rom,   27.07.432 in Rom, als Heiliger verehrt. Papst von 422-432.



Rechts der Treppen zur Helenakapelle, östlich von Golgatha, befindet sich die Kapelle der Verspottung Christi. Einst im Besitz der Kopten, im 18. Jahrhundert den Armeniern, wird sie nun von den Griechisch Orthodoxen beansprucht. Conrad Schick nennt sie in seinem Grundriss Dornenkrone.


„Zunächst von der westlichen Nordtreppe Golgatha’s 28 Schritte entfernt liegt die Kapelle der Verspottung, auch Kappelle der Dornenkrönung genannt, etwa 20 Fuß hoch, ohne Fenster und sehr unansehnlich. Ziemlich in der Mitte ist ein kastenförmiger Altar unter welchem ein dickes Säulenfragment von 1 Fuß 10 Zoll Höhe, von weißgraulichem Marmor, „die Säule der Anschimpfung“ steht, auf der Christus gesessen haben soll, als man ihm die Dornenkrone aufsetzte"*

So beschreibt der Schweizer Palästinaforscher Titus Tobler Mitte des 19. Jahrhunderts seine Eindrücke. Unter einem schmucklosen Altar befindet sich heute ein quadratischer Glaskasten, worin ein Teil der Säule zu sehen ist. Aber schon Tobler äußerte Bedenken, ob es sich hier um das Original handelt.


Jedoch sehe ich die Beschimpfungssäule und die Kapelle nicht vor dem Jahre 1384 erwähnt. Etwa achtzig Jahre nachher war jene ein schwarzer, vier Spannen hoher Stein. Dass für dieses Säulenstück mit der Zeit ein anderes oder andere untergeschoben wurden, unterliegt keinem Zweifel.“

Der Glaube lässt bei den vielen frommen Pilgern keine Ungewissheit über die Echtheit aufkommen. Nichts ist für sie in diesem Kirchenhaus profan, jeder Stein hat seine religiöse Berechtigung.

"Johannesevangelium 19, 1-3: Da nahm Pilatus Jesum und geißelte ihn. Und die Kriegsknechte flochten eine Krone von Dornen und setzten sie auf sein Haupt und legten im ein Purpurkleid an und sprachen: Sei gegrüßt, lieber Judenkönig! und gaben ihm Backenstreiche."


*Die (wahre ?) Dornenkrone (erstmals erwähnt von Paulinus von Nola 409 n.Chr.), war zunächst (1063 n. Chr.) im byzantinischen Besitz in Konstantinopel, gelangte während der Kreuzzüge 1238 nach Venedig und wurde ein Jahr später von König Ludwig IX. (der Heilige; Heiligsprechung 1297 n.Chr.) aufgekauft. Die Dornenkrone war entscheidend für den Bau der Pariser Palastkapelle Sainte-Chapelle, in der sie seit dem 13. Jahrhundert aufbewahrt wurde. (Sie befindet sich seit der Französischen Revolution zusammen mit einem Nagel und einem Stück vom Kreuz Christi in der Kathedrale Notre-Dame de Paris, zu sehen jeden ersten Freitag im Monat und jeweils Freitags während der Fastenzeit).




Reliquar in Notre Dame de Paris i.d. Mitte Kiefer von Papst Innozenz I. (?)*


Ludwig der Heilige machte seinem Namenszusatz alle Ehre. So betrugen die Baukosten für Sainte-Chapelle mehr als 40.000 Livre tournois (ein franz. Rechengeldsystem bis 1795 aus der Stadt Tours). Für den Grande Chasse - dem Schrein für die Reliquien beliefen sich die Kosten gar auf 100.000 Livre tournois. Im Mai 1243 hatte Papst Innozenz IV. für den Bau dieser Hofkapelle entsprechende Privilegien gewährt. Die feierliche Einweihung erfolge am 12. April 1248. Vier Monate später unternahm Ludwig IX. erneut einen Kreuzzug ins Heilige Land. 

*Auch in der (deutschen) Stadt Gandersheim gibt es Reliquien des Heiligen Papstes Innozenz. Um welche es sich dabei handelt ist allerdings nicht bekannt. Sie wurden in den 50er Jahren zusammen mit dem zweiten Gründungsheiligen Anastasius in der Krypta der Stiftskirche in einem Bleikästchens "begraben". Erhalten hat Gandersheim die Reliquien über die beiden Stifter Liudolf und seiner Frau Oda, die sie 845/46 von Papst Sergius II.  für ihre Stiftsgündung erbeten hatten, und die 881 zur Erstweihe nach Gandersheim transferiert wurden. (Quelle 👉 Portal zur Geschichte)



Saint-Chapelle Paris
Ludwig IX.
Ob die immensen Ausgaben für Sainte-Chapelle berechtigt waren bleibt dahingestellt, wobei die entscheidende Frage nach der Echtheit dieser Reliquien wohl nicht zu klären ist. Der Schrein für die Dornenkrone, nach einem Entwurf von Eugène Emmanuel Viollet-Le-Duc (franz. Architekt und Gelehrter) besteht aus vergoldetem Silber und Bonze verziert mit Edelsteinen und Diamanten. Er hat eine Höhe von 88 cm und ist 49 cm breit und stammt aus dem Jahr 1862.





Koptisch-Orthodoxes
Kreuz
Die Ägyptischen Christen, die Kopten, haben nur wenige Plätze, doch zumindest innerhalb der Grabeskirche in ihrem Besitz. Da sie den Haupteingang des Grabes nicht benutzen dürfen haben sie an der Rückwand des Heiligen Grabes am westlichen Ende des Gebäudes die winzige Koptische Kapelle errichtet, geschmückt mit Kerzenleuchtern, Blumenvasen, Ikonen und Marien- und Jesusbildern. Ein Anbau zur Edicule, mit schmiedeeiserner Front und Türen und einer Höhe von etwa 3 Metern.


Heute leben etwa 5000 koptische Christen in Jerusalem um ihren Erzbischof, der in der Kapelle des Heiligen Antonius neben dem Heiligen Grab residiert. Der Name "Kopte" leitet sich von der arabischen Bezeichnung "qipt" oder auch "gipt" ab. Die Griechen verwendeten das Wort für das Land Ägypten und dessen Bewohner. Heute bezeichnet das Wort einen christlichen Ägypter und unter der Koptischen Kirche versteht man die orthodoxe Kirche in Ägypten und auch in Äthiopien. Sie ist die größte christliche Kirche im Nahen Osten. Bereits im Jahre 61 n.Chr. wurde die Koptische Kirche von dem Apostel Markus in Alexandria gegründet. Sieben Jahre später, nach dessen Märtyrertod, war Anianos Bischof. Als erstes koptisches Oberhaupt wird St. Heraclas (232-247 n.Chr.) von Eusebius von Caesarea in dessen Kirchengeschichte genannt.


"Es war im zehnten Jahre der erwähnten Regierung, da übersiedelte Origenes von Alexandrien nach Cäsarea und überließ dem Heraklas die dortige Katechetenschule. Bald darauf starb Demetrius, der Bischof der Kirche von Alexandrien, nachdem er volle 43 Jahre im Amte gewesen war. Ihm folgte Heraklas. (Aus: Kirchengeschichte, Eusebius von Caesarea, 6. Buch, Kap 25)







Die Leiter:
1903 - aus The St.Louis Republic
2010 - Foto uHuber



Selbst der ungläubigste Besucher wird sich dem Bann nicht enziehen können. Die geschichtsbeladenen Atmosphäre, gepaart mit den religiösen Zeremonien ist einzigartig. Jeder Stein, jede Kapelle, jede Ikone und jedes Kreuz hat eine eigene Geschichte, eine eigene religiöse Bedeutung und natürlich auch eine in Regeln festgelegte Berechtigung. Und dann gibt es noch die Leiter. Sie steht rechts, einige Meter über dem Toreingang zur Grabeskirche an der Fassade auf dem Sims unter einem der Fenster gelehnt. Kaum beachtet, aber Symbol für das uneinige Zusammenleben an diesem heiligen Ort. Um die Steuern für das Betreten der Kirche zu sparen hatten Mönche sie genutzt, um Essen hineinzureichen. Das ist lange her, da nun aber alles und jedes am Heiligen Grab mit Vorschriften geregelt ist, die Leiter aber in keinem der Verträge auftaucht, wagt kein Verantwortlicher der verschiedenen Konfessionen sie zu entfernen - bis man sich vielleicht irgendwann einmal darüber einig geworden sein wird.


(eine andere Version besagt, die Leiter sei im Besitz der Armenier und diene der Reinigung des Balkons, auf dem der armenische Superior mit Freunden seine Kaffeekränzchen verbringe und seine Blumen pflege).


Sicher ist - jeden Abend, eine Stunde nach Sonnenuntergang wird vom moslemischen Wächter das Tor zur Grabeskirche geschlossen. Dann kommt niemand mehr hinein. Und auch niemand mehr heraus. Die Küster der Griechen, Lateiner und Armenier handeln jeden Morgen ums Neue aus, wer an diesem Tag punkt 04:00 Uhr die Tür öffnen darf.



Foto: Charles W. Wilson 1865


Eine Konsequenz zur Situation am Heiligen Grab wäre die Beendigung des Status Quo, welcher letztendlich zum Stillstand geführt hat. Die offizielle Meinung der Vertretung des Vatikans (Apostolischer Nuntius) tendiert zwar zur Beibehaltung der jetzigen Konstellation, doch mit weiteren Kommentaren ist man zurückhaltend. Erstrebenswert sollte jedoch sein, als Ziel eine demokratische Gemeinsamkeit zu erreichen, worin alle Beteiligten zu gleichen Anteilen im Recht zum Erhalt und zur Ausübung der Riten, Gottesdienste und Nutzung einander gleichberechtigt sind. Strikte Regeln haben zwar ein relativ geordnetes Miteinander ermöglicht, dennoch kommt es immer wieder zu Streitigkeiten bei Übertretungen oder Unklarheiten. Die Leiter über dem Eingang zur Kirche ist dafür als beispielhaft zu nennen. Für viele nicht religiöse Besucher hat das Heilige Grab oft nur noch eine folkloristische Berechtigung, während die fromme Fraktion den Kult immer exzessiver auslebt. Mehr Gemeinsamkeit der Religionsgemeinschaften würde dieser Entwicklung sicherlich entgegenwirken.


Das Einfordern eines Eintrittspreises, vielleicht ein ungewöhnliches Unterfangen für eine Kirche, die dringend benötigten Einnahmen könnten aber dazu beitragen, den langsamen Verfall und die Vernachlässigung ausstehender Restaurationsarbeiten zu stoppen. Was in der Geburtskirche von Bethlehem gelang (dort begann man mit der Restaurierung im September 2013) sollte auch in der Grabeskirche möglich sein. Dazu ist aber auch nötig, dass in der Verwaltung Einigkeit erzielt wird. Ein gleichberechtigtes Miteinander ist dazu erste Voraussetzung. Und einen Verantwortlichen, der im Namen aller beteiligten Konfessionen diese Aufgabe übernimmt. Eine völlige Neuordnung oder Auflösung der "Besitzverhältnisse" und eine Abkehr von Status quo haben vor dieser Demokratisierung Priorität. Ohne ein gemeinsames Vorgehen und dem Willen zur Einheit ist die Zukunft des Hauses und dessen bauliche Substanz eher fraglich.







Quellen:


Albright, William Foxwell "The Archaeology of Palestine"


Allegro, John Marco "The Dead Sea Scrolls"


Bautz, Traugott Verlag Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon


Strobel, August, Schick Conrad "Ein Leben für Jerusalem"


Bibel


Burrows, Millar "The Dead Sea Scrolls"


Der Spiegel


Ecole Biblique, Jerusalem


Flavius, Josephus "Geschichte des jüdischen Krieges"


Hesemann, M. "Jesus von Nazareth - Archäologen auf den Spuren des Erlösers"


Jerusalem-Post


Judaica


Jüdische Rundschau, Berlin


Koch, Dietrich-Alex "Geschichte des Urchristentums"


Koran

New York Times

"Orte und Landschaften der Bibel" Vandenhoek&Ruprecht, Max Kuechler (Autor)

Palästina - Monatsschrift für den Aufbau Palästinas

Palestine Post

Portal zur Geschichte.de

Pratsch, Thomas - "Konflikt und Bewältigung, die Zerstörung der Grabeskirche zu   Jerusalem im Jahre 1009", Deutsche Nationalbibliothek 2011

Pückler-Muskau/von "Fürst Pücklers Orientalische Reisen"

Regesta-imperii.de

Robinson, Edward "Tagebuch einer Reise im Jahre 1838"

Yadin, Yigael "The Temple Scroll", London 1985

Wikipedia

Zentralblatt der Bauverwaltung Nr.49, Hrsg: Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Berlin, 15.6.1918







Weitere Informationen


Die Grabeskirche im Web:
Heilige Grabeskirche Jerusalem

Adresse:

Suq Khan es-Zeit, Christian Quarter Road
Tel.: 02/627-3314


Öffnungszeiten:

April bis September täglich von 05:00 bis 21:00 Uhr
Oktober bis März täglich von 04:00 bis 19:00 Uhr


Sonntagsmesse:

April bis September 05:30 - 06:00, 06:30, 18:00 Uhr
Oktober bis März 04:30 - 05:00, 05.30, 17:00 Uhr

Archäologie:

Grabungen und archäologische Arbeiten an der Kirche sind aufgrund der schwierigen Besitzverhältnisse nur schwer zu realisieren. Folgende Ausgrabungen wurden in den letzten Jahren durchgeführt:

1960: Explorations-und Erdgeschoss: Ausgrabung im Bereich der Residenz des Patriarchen und des Gartens.

1963: Aushub der Kapelle St. Maria.



1963-64: Ausgrabung von Wasser- bzw Abwasser-Systeme zwischen der Residenz des Patriarchen im Norden und dem Parvis (Eingang Innenhof) vor der Kirche auf der Südseite. 


1965: Ausgrabung an der im Fels gehauenen Kapelle der Auffindung des Kreuzes. Teilweise Ausgrabung des Parvis vor der Südfassade der Kirche.


1966-67: Ausgrabung im Gebiet südlich des Querschiff der Anastasis (armenische Divan).

1968: Ausgrabungen in der Gegend nördlich von Querschiff der Anastasis (heute der Altar der Maria Magdalena).



1969: Ausgrabung in der Galerie der Anastasis und oberhalb der Bögen von der Jungfrau.

1969-1970: Ausgrabungen im östlichen Bereich des Triportico (jetzt Katholikon).


1974: Aushub der Gräben im Süden des Edicule im Bereich der Anastasis.


1970-1980: Arbeiten an einer langen Baugrube, durchgeführt in Segmenten, hinter der Apsis der Kapelle St. Helena in den Bereich des Martyrium.

Filmtip:
Der Dokumentarfilm "Im Hause meines Vaters sind viele Wohungen" von Hajo Schomerus, 2010 - der Film beschreibt die unterschiedlichen religiösen Gruppen innerhalb der Jerusalemer Grabeskirche. Als DVD seit 15.10.2010 erhältlich.

Trailer zum Film:





Buchtip:

Jerusalem - Die Biographie
Simon Sebag Montefiore
S. Fischer Verlag Ffm
ISBN-10: 3100506111
Jerusalem - Ein Handbuch
und Studienführer zur Heiligen
Stadt.