Ein Leben


Kibbuz Ashdot Ya'acov 2010




Kibbuz Interview




Rachel Beck lebte für und im Kibbuz Ashdot Yaacov. Im Oktober 2012 wäre sie 90 Jahre alt geworden und als Kibbuzsekretärin war sie 1973 für uns Freiwillige verantwortlich. Ihr Leben hat Spuren hinterlassen. Spuren verwischen, die Zeit macht sie vergänglich. Wach bleiben soll aber die Erinnerung. Deren Spuren finden Platz in den Gedanken und dem Gedenken an ein Leben, dessen Erfüllung und Aufgabe einer Idee gewidmet war. Das Erinnern soll diese Erfüllung wach und am Leben erhalten. Gestorben ist ein Mensch, nicht aber das Ergebnis seines Lebens und das Gedenken daran.



Gegen das Vergessen hat Rachels Sohn Reuven Barak im Kibbuz Ashdot Yaacov eine Wohnung wie die seiner Eltern für interessierte Besucher so authentisch wie möglich eingerichtet. Wer aktiv an diesem Projekt teilhaben will, kann dies über eine monatliche Spende von 
€ 15.-- 
(selbstverständlich mit einer Spendenbescheinigung am Jahresende).
Bankverbindung:
Stadtsparkasse München
BLZ 701 500 00
Konto: 10000 182020
"Projekt Gedenkstätte)



Hochzeit 1943
im Kibbuz
Rachels Eltern, Max und Sofie Freilich lebten in Wien. Ihr Vater, geboren 11.06.1896 im polnischen Cisna hatte hier in Österreich vor dem Anschluß an das Nazideutschland ein Ladengeschäft in der Klosterneuburger Straße. Von dort floh er nach Kezmarok am Fuße der Hoten Tatra in der Slowakei. Hier gab es eine große jüdische Gemeinde. (1940 lebten hier noch etwa 1200 Juden, unter der Herrschaft der Ersten Slowakischen Republik und mit eifriger Unterstützung des SS wurden allein 1942 75% von ihnen in die Vernichtungslager verschleppt oder exekutiert). Auch Max Freilich wurde zusammen mit seiner Frau deportiert und am 12. Oktober 1942 in Auschwitz ermordet. Seine Tochter Rachel war in Wien geblieben, ihr gelang die Ausreise nach Palästina an Bord der Galiläa über Triest.

Rachels  späterer Mann  flüchtete 1939 auf der Donau bis zur rumänischen Schwarzmeerküste und gelangte von dort auf einem Frachtschiff nach Palästina. Zunächst von den britischen Besatzern in einem Internierungslager eingesperrt, und seit seiner Freilassung 1940 im Kibbuz Ashdot Yaacov. Die Hochzeit mit Rachel war 1943.




Im Sommer 1990 gab Rachel im Rahmen eines Forschungsprojekts zum Thema

„Emigrantendeutsch in Israel“


ein Interview – die Geschichte eines Lebens. Und die Geschichte eines Kibbuz.

Interview (vom 29.06.1990) mit Frau Rachel Beck, Kibbuz Ashdot Yaacov.

Quellen:
Frau Prof. Dr. Anne Betten, Universität Salzburg (Interviewerin), zum Thema Emigrantendeutsch in Israel.

Das vollständige Interview ist archiviert im Institut für Deutsche Sprache, Mannheim,
Korpus: Emigrantendeutsch in Israel IS010.
www.ids-mannheim.de/ksgd/agd/


Grab von Rachel und ihrem Mann Franz
in Ashdot Yaacov

Foto: Sharon Rosen




***

Interview:
FRAU BETTEN. Neunundzwanzigster Juni neunzehnhundertneunzig. Kibbuz Ashdot Yaakov, Aufnahme Anne Betten mit Frau Rachel Beck, geboren 1922 in Wien. Da haben sie noch einen anderen Vornamen getragen?

RACHEL: Ja, ich bin geboren als eine Gertrude Freilich.

FRAU BETTEN: Erzählen Sie ein bissel was über Ihre Wiener Zeit noch .


RACHEL: Über Wien? Also, zwanzigster Bezirk, wie gesagt, mehr oder weniger Getto, aber es war nicht so gefährlich, es waren viele Tschechen auch dort. Ich bin ins Gymnasium gegangen, sechste Klasse, mittendrin aufgehört und ausgewandert, glücklicherweise nach Palästina.

FRAU BETTEN: Das ging schnell. LACHEN


RACHEL: Nein, nein - ein Jahr, ein Jahr, ein Jahr bei Hitler, also das LACHEN das, das war genug aber -

FRAU BETTEN: Ja. Da waren Sie sechzehn Jahre alt?

RACHEL: Sechzehn, ja, ja, ja, ja.

FRAU BETTEN: Sie sind sofort raus, wie ist das gekommen?

RACHEL: Ich bin legal, ich bin legal ausgewandert.

FRAU BETTEN: Ja, ja, ja.


RACHEL: Ich bin legal ausgewandert, binnen einer Woche, weil ich dort mitm Schiff gewesen war, binnen einer Woche war ich im Land, und hier war ich gewesen, was man nennt, äh Jugendalija, Jugendeinwanderung und ich war in einer Schule ääh zwei Jahre, das war in der Nähe von Petach Tikwa, ääh nicht weit von Tel Aviv, und das war eine Schule so eine Art, ich würde das heute nennen, Internat.

FRAU BETTEN: Mhm.


RACHEL: Und dort haben wir auch Hebräisch und Grammatik und Geschichte und alles möglich, aber auch, auch äh äh landwirtschaftliche Arbeiten.

FRAU BETTEN: Mhm.


RACHEL: Mein großes Problem war, dass ich das Klima nicht vertragen habe und ich bin, ich habe zwar sehr gut gelernt, aber mit Arbeiten war sehr schwach und ich hab Herzanfälle bekommen und bin mehr gelegen wie - ich habs Klima nicht vertragen.

FRAU BETTEN: Vorher schon irgendwie -

RACHEL: Ja, ich bin mit einem Herzfehler

FRAU BETTEN: Ein bisschen anfällig gewesen?

RACHEL: Nein, ich bin mit einem Herzfehler zur Welt gekommen.

FRAU BETTEN: Ach so, ach so, ja.

RACHEL: Und Palästina war nicht genau das Klima für mich, aber..

FRAU BETTEN: So wie Sie vor mir sitzen, scheinen Sie sich aber im Lauf der Zeit gut gefangen zu haben?


RACHEL: Ja, ja, ja, ja, ja, ja LACHEN . Ich bin eine Ausnahme, ich bin eine Ausnahme...

FRAU BETTEN: Ja, ja.


RACHEL: aber es gibt ja überall Ausnahmen, also bin ich auch eine HOLT TIEF LUFT Also ich war zwei Monate, zwei Jahre, Entschuldigung, war ich in der Jugendalija -


FRAU BETTEN: Darf aber doch noch mal zurückfragen. Waren Sie als Mädel schon irgendwie in einer zionistischen äh Verein, Jugendverband oder?

RACHEL: Vorher nicht , erst durch Hitler.

FRAU BETTEN: Durch Hitler?

RACHEL: Ja, irgendwo -

FRAU BETTEN: Ja, aber ab dreiunddreißig - irgendwie von Deutschland schon -

RACHEL: Nicht dreiunddreißig, achtunddreißig.


FRAU BETTEN: Ja, ich mein ham Sie die, ham Sie schon, da waren Sie ja noch blutjung, aber haben Sie das, was in Deutschland vor sich ging, da schon verfolgt oder -

RACHEL: Nein, nein, nein.

FRAU BETTEN: haben Ihre Eltern Sie dazu bewegt, dass Sie achtunddreißig gleich raus sind?

RACHEL: Nein, die waren dagegen,

FRAU BETTEN: Die waren dagegen.

RACHEL: Die waren dagegen , aber wo -

FRAU BETTEN: Ja, das ist, was ich gern wissen möchte.

RACHEL: Nein, nein, nein, die waren dagegen.

FRAU BETTEN: Ja, wer hat Sie bewogen? Sie selbst, die Klasse, Freunde ?


RACHEL: Verstehe. Die jüdischen Kinder von meiner Klasse. Wir sind alle gegangen in die Jugendbewegung, da bin ich mitgehatscht. [TELEFONKLINGELN] .

FRAU BETTEN: Ja, ja, ja, ja.

RACHEL: Telefon.

FRAU BETTEN: Mein Konkurrent, mein ständiger -

Am Telefon: Hallo! [UNTERBRECHUNG DER AUFNAHME]

Am Telefon: (???)

RACHEL: Ja, ja, ja und der -

FRAU BETTEN: Also in der Klasse ganz einfach.


RACHEL: Ja, ja, ja, halt die jüdischen Mädels in der Klasse. Wir sind doch, wir sind doch alle dann heraus, wir konnten ja nicht mehr weiterlernen und irgendwo, das war eigentlich mehr ein Treffpunkt, man konnte nicht mehr wohin gehen, man konnte in kein Kino, man konnte nicht tanzen, man konnte nicht mal richtig spazieren gehen, man konnte sich nicht mal auf eine Bank setzen, weil da ist gestanden äh: Juden und Hunde unerwünscht! oder so was ähnliches. Und da ist man gegangen in den Jugendbund und da bin ich auch hin und durch die bin ich dann hergekommen.

FRAU BETTEN: Ja, ja.

RACHEL: Also war ich zwei Jahre -

FRAU BETTEN: Also Knall und Fall und Ihre Eltern sind geblieben? Geschwister auch noch?

RACHEL: Nein, nein, nein.

FRAU BETTEN: Nein.


Max Freilich
1941
RACHEL: Meine Eltern sind vor mir, ich bin allein in Wien zurückgeblieben bei Verwandten, sie sind vor mir - ich bin im April neununddreißig und die sind im Feber neununddreißig in die Tschechoslowakei, weil jemand meinem Vater gesagt hat, wenn Sie nicht verschwinden, dann kommt er ins Konzentrationslager, und da sind sie einfach in der Nacht über die Grenze in die Tschechoslowakei und ich hab gesagt, ich komme nicht mit. Also das, das war ein furchtbares, eine furchtbare Sache, im letzten Moment, ich komm nicht mit und ich bin geblieben und das hat mir das Leben gerettet. Meine Eltern sind in Auschwitz umgekommen - mit meinem Bruder.

FRAU BETTEN: Der Bruder ist mitgegangen?

RACHEL: Ja, der war, war ein Baby.

FRAU BETTEN: Ach so.

RACHEL: Ja, also das war der Wiener Teil.

FRAU BETTEN: Der Wiener Teil. Wie haben Sie mit, haben Sie mit Ihren Eltern noch Kontakt gehabt?


RACHEL: Ja. Noch ziemlich lang, sogar übers Rote Kreuz, übers Rote Kreuz äh ungefähr bis neunzehnhundertvierundvierzig so etwas, ja, weil die waren gewesen in den Bergen in der hohen Tatra bei Verwandten, bei einem Bruder von meinem Vater und äh bis dann die Gestapo dorthin gekommen ist und sie alle genommen hat. Ja, aber wie, ziemlich lang, ziemlich lang, das heißt die Roten- Kreuz- Briefe habe ich noch, ich hab doch gesagt, ich hab sie dort in der Ecke in/ de/ in dem Schrank und dort sind sie noch.

FRAU BETTEN: Also, Sie wollen in dieser Zeit ungern weiter herumstochern?

RACHEL: Ja, ja, ja.

FRAU BETTEN: Ja. - Also gehen wir gleich nach Palästina.

RACHEL: Ja, ja.

FRAU BETTEN: Da haben Sie also zwei Jahre lang -


RACHEL: Zwei Jahre und ich habe sehr gut gelernt und ungefähr nach drei Monaten hab ich schon gut hebräisch gesprochen, aber das war wirklich, äh wirklich rasch. Ich hab erst nachher gemerkt, dass ich anscheinend Sprachentalent habe, weil ich spreche auch englisch und französisch. Also, äh was ich damals noch nicht gewusst habe, aber nach drei Monaten hab ich schon ziemlich gut hebräisch gesprochen. Ich war eine gute Schülerin gewesen und


FRAU BETTEN: Ist das einen aus Ihrer Gruppe? Waren Sie noch mit Leuten aus Ihrer Klasse zusammen?

RACHEL: Nicht von der Klasse, nicht von der Klasse, aber die Gruppe, die Gruppe mit der wir zusammen nach Palästina gekommen sind und die Gruppe hat geheißen Tamar, Tamar ist eine Dattelpalme und meine Tochter, die das, das erste Kind aus dieser Gruppe heißt Tamar.

FRAU BETTEN: Aha.

RACHEL: Das gehört dazu, das gehört dazu-

FRAU BETTEN: Ja, aber sicher. Ja, äh haben die anderen sich auch so schnell zurechtgefunden oder hat’s schon bei diesen Sechzehnjährigen Schwierigkeiten mit dem Hebräischen, bei Ihnen hat es -

RACHEL: Nein einige, so, so rasch und so gut wie ich gelernt hab, haben wenige, aber ich weiß nicht wieso, ich, ich, wollt auch, ich hab mir gedacht, vielleicht, wenn ich doch noch zum Lernen noch mal dazukomme, weil ich, ich hab eigentlich, da ich hab eigentlich gern gelernt, eigentlich. Ich hab gedacht, vielleicht komm ich noch mal dazu, ich weiß Gymnasium, Matura, Universität - aber nachher, nicht nur dass ich nicht dazugekommen bin, die Ambi/ die Ambitionen waren weg, ich habe eigentlich nachher nicht mehr gelernt und es geht auch so gut im Leben.


FRAU BETTEN: Ja sicher, aber ich meine, wie Sie - vielleicht sagen Sie doch noch mal eben aus was für einem Elternhaus Sie waren und äh -

RACHEL: Nicht religiös.

FRAU BETTEN: Ja.

RACHEL: Überhaupt nicht religiös, aber vielleicht meine Großeltern oder meine Urgroßeltern, meine Großmutter war auch nicht mehr religiös, soweit ich mich erinnern kann. Ääh, gegen Israel, gegen Palästina eingestellt. Äah, ich war eigentlich das einzige Kind, weil mein Bruder ist erst geboren, wie ich schon sechzehn war, ja.

FRAU BETTEN: Mhm.

RACHEL: Es waren Geschäftsleute, Mittelstand, sagen wir, nicht reich, aber ist gut gegangen, sehr verwöhnt worden, furchtbar verwöhnt worden, ich wundere mich, dass ich überhaupt noch ein Mensch geworden bin.

FRAU BETTEN: LACHT Und die Eltern hätten gern gehabt, wenn Sie Matura gemacht hätten.

RACHEL: Ja sicher, sicher, sicher.

FRAU BETTEN: Und ham Sie sich das so vorgestellt?

RACHEL: Ja, ja, sie haben eben gedacht, dass ich werde weiterlernen, weil ich hab, ich hab leicht, ich hab mich nicht angestrengt beim Lernen. Mir ist das leicht gegangen, dabei sind meine Noten gar nicht mal so gut gewesen, weil ich nicht, weil ich überhaupt nicht Zeit aufgewandt hab zum Sitzen und Lernen, sondern wie es mir herein in den Kopf geht.

FRAU BETTEN: Hatten sie als junges Mädel schon irgendwelche Berufsvorstellungen? - Oder Wünsche, oder so?

RACHEL: Eigentlich äh , eigentlich nicht einmal besonders, ich hab eher gedacht in Richtung von Jus, Rechtsanwalt oder so etwas, eher, eher, und dann habe ich gewusst, ich werd jung heiraten, warum weiß ich nicht.

FRAU BETTEN: LACHT Ja, also gemma wieder hierher und äh Sie haben, also zwei Jahre haben sie dort mit, mit der Jugend alija

RACHEL: Ja, ja,

FRAU BETTEN: die Ausbildung

RACHEL: ja, ja.

FRAU BETTEN: noch gemacht, dann waren sie achtzehn und wie gings dann weiter? Haben Sie dann geheiratet?

RACHEL: Äh, dann, dann, nein, ich hab auch wirklich mit zwanzig geheiratet, aber dann sind wir gegangen auf, sozusagen Ausbildung, das heißt auf Deutsch, äh auf Hebräisch Hachschara und das ist Ausbildung und dann sind wir gegangen nach Hedera, dort war so, da waren wir ein halbes Jahr oder so etwas, in mitunter sehr primitiven und Bedingungen, sozusagen als Ausbildung zu lernen, wie es sich lebt in einem Kibbuz und von dort sind wir dann gegangen in einen Kibbuz, der nicht gehabt hat, von was zu leben, und das ist in der, in der Jadmiel Senke, das ist hier über den einen Berg drüber, ist gar nicht mal so weit und da haben wir buchstäblich nicht gehabt von was zu leben und da sind wir auf Außenarbeit gekommen nach Ashdot, das heißt einzelne und ich bin gekommen also nach einer unglücklichen Liebe, so war die Geschichte, bin ich dann hergegangen damit ich den nicht jedes Mal vor meinen Augen sehen muss, ja? Und dann bin ich hergekommen und auf drei Monate hat man sich verpflichten müssen und zwei Tage nach den drei Monaten hab ich geheiratet hier, nicht meine unglückliche Liebe, sondern meine glückliche Liebe hier.

FRAU BETTEN: LACHT .

RACHEL: Das wars und seit damals bin ich in Ashdot.

FRAU BETTEN: Klingt so, als wenn Sie nichts mehr sagen wollten, kann ich mir aber nicht vorstellen. Ist natürlich interessant, wenn Sie uns über dieses lange Leben von Ashdot, in Ashdot Detaillierteres berichten werden.

RACHEL: Das Leben -

FRAU BETTEN: Aber warten Sie einmal, ich frag gerade noch mal was zurück, was mich interessiert, weil ich gar nicht so viele Leute befragt hab, die mit so einer Jugendalija dann hier noch zwei Jahr zusammen waren -

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: und dann noch einmal Hachschara gemacht haben.

RACHEL: Ja, so war das, so waren die Bedingungen damals.

FRAU BETTEN: Ja.

RACHEL: Ja, weil wir haben doch Unterstützung bekommen von Jewish Agency und so weiter. Und da hat man müssen tanzen nach ihren Vorschriften, aber diese Schule als Jugendalija, das war eine wunderbare Sache weil, ich hab zum Beispiel mir einmal gedacht, ich hab mich nie gefühlt als Neueinwanderer, weil wir waren alle, wir waren fünfzig Mädels, nur Mädels waren wir, ja, nur Mädels in dieser Schule, untereinander haben wir natürlich deutsch gesprochen.

FRAU BETTEN: Aber sie haben noch keine Betreuer gehabt die von Österreich mitgekommen waren, sie sind erst zusammengestellt worden, wie sie rüber sind ?

RACHEL: Nein, wir waren die eine Gruppe von, von unserem Jugendbund, wir waren zwölf Mädels von, von Wien zusammen - und das andere, und das andere waren die Deutschen und wir ham uns nicht vertragen, wir sind bis zu Schlägereien gekommen und dann hat man uns rasch eine tschechische Gruppe gebracht und dann wars in Ordnung.

FRAU BETTEN: Ja?

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: Haben Sie sich besser vertragen?

RACHEL: Ja, dann haben wir uns vertragen. Mit den Deutschen haben wir uns nicht vertragen, sie haben sich immer lustig gemacht über uns, über unser Deutsch. Ja.

FRAU BETTEN: Merkwürdigerweise geht das ja bis jetzt, dass ich manchmal gefragt werde, also was mir aus unserer Perspektive in Europa heute absurd vorkommt, nehmen Sie auch Österreicher oder gar Tschechen oder was, als wenn die gar nicht dazugehörten, also irgendwie -

RACHEL: Das ist schon damals

FRAU BETTEN: die deutschen Juden haben immer noch das Gefühl, dass sie sprachlich nicht dazugehören, Sie haben mich schon gefragt, verstehen Sie mich überhaupt? Also das kommt mir so vollkommen absurd vor LACHT , dass Sie sich als eine so andere Gruppe sehen, aber es ist so gewesen bei der Alija.

RACHEL: Ja, ja, ja, es war früher auch, zum Beispiel eben, wie ich in der Jugendalija war, gab es Schlägereien, weil wir ham zum Beispiel gesagt, a Stockerl, das ist so ein Sessel ohne Ding, oder a Schammerl oder a Häfer oder ich weiß was - die ham uns ausgelacht und manchmal war das Auslachen so blöd gewesen, dass es zu Schläge gekommen ist, sechzehnjährige Mädels, nicht. Na und wie man dann gebracht hat die Tschechinnen wars in Ordnung, komisch, weiß nicht warum so?

FRAU BETTEN: Aber ganz verrückt, denn ich meine, an und für sich ist doch, ich mein, die österreichischen Schriftsteller und das österreichische Reich raffiniert geschätzt, aber ist, vergleich meine erste Wienerin, die war nur als Ehefrau ihres Frankfurter Mannes da und hat zu mir gesagt, ich sag nichts, denn ich spreche ja eigentlich gar ka Deutsch. Dann hab ich gesagt, wieso? LACHEN und dann hat sie gesagt, mein Mann sagt das immer zu mir LACHEN . Also ist das tatsächlich hier, hat das eine Rolle gespielt?

RACHEL: Ja, ja, ja.

FRAU BETTEN: Dieser Konflikt, ja?

RACHEL: Ja, ja, ja, ja, ja zum Beispiel, wenn wir untereinander sprechen, ja, wir haben auch unsere Ausdrücke und so weiter, was man so im Allgemeinen auch nicht so, aber wir, wir verstehen es natürlich. Mein Mann hat inzwischen überhaupt das österreichisch Deutsch gelernt durch mich, ja. Und auch gesagt, dass sein Deutsch war auch damals nicht so gut, ja.

FRAU BETTEN: Also, der/ Ihr Mann war aus der Tschechoslowakei?

RACHEL: Ja, richtiger Tschech, ja, ja, ja.


FRAU BETTEN: Auf dem Band noch nicht gesagt, deswegen hab ich es erzählt.

RACHEL: Und äh, wir haben auch mit Deutsch miteinander gesprochen und sein Deutsch hat sich kolossal verbessert, natürlich sein Schreiben, geschrieben hat er mit Fehlern, weil er hat weiter tschechisch tschechisches Deutsch geschrieben, also statt s c h hat er geschrieben ein s mit an Hatscheck oben, also so wie, wie die Tschechen, ja und äh viele, viele Fehler, aber er hat gut gesprochen, alle Worte gekannt und hat auch den Peter Alexander heiß geliebt ja.

FRAU BETTEN: In der, in dem ersten Kibbuz, in dem Sie waren, was ham Sie gsagt, wie hieß der hier überm Berg?

RACHEL: Ja, ah, der hieß, der hieß Schoraschim, Schoraschim heißt Wurzeln, Wurzeln.

FRAU BETTEN: Da haben Sie keine Wurzeln gschlagen?

RACHEL: Nein, der ganze Kibbuz ist auseinandergegangen, der besteht nicht mehr, äh wir haben einfach nicht gehabt von was zu leben, waren jung, dreißig Leute und das war überhaupt, äh ich weiß nicht, ob Sie gehört haben von dieser Form Choma u- Migdal, das ist Mauer und Turm, da hat man sich, um von den, um die Araber sich zu verteidigen, dass die Araber nicht einbrechen sollen, hat man gemacht so eine Mauer und in der Mitte so einen Turm, der war aus Holz und innerhalb von dieser Mauer waren diese Holz(...?) baracken gewesen, wir waren im ganzen dreißig Leute, vierzig Leute in dem ganzen Kibbuz, wenn man gegangen ist zur Arbeit mitn Traktor hat man immer mit Revolver, weil rundherum waren arabische Dörfer gewesen. Also -

FRAU BETTEN: Ja, Sie sind ja schon zur Zeit der Unruhen reingekommen ?

RACHEL: Ja, ja, ja, ja, ja, das war schon am Anfang ja und also, wie gesagt, wir haben einfach nicht gehabt von was zu leben und Fleisch haben wir überhaupt nicht gesehen, also das heißt es war Ebbe(?) . Ich will nicht sagen, dass wir gehungert haben, aber viel besser wars auch nicht und um den Kibbuz zu halten und von was leben zu können, ist man gegangen nandern Kibbuz zur Arbeit und da hat man immer drei, vier Leute geschickt eben hierher nach Ashdot Yaacov.

FRAU BETTEN: Und wie lange hat dieser Kibbuz schon existiert und wer hatte den gegründet?

RACHEL: Der Kibbuz, der Kibbuz ist so alt wie ich ungefähr - äh ja, gegründet haben ihn Juden von Russland und äh dann sind dazukommen Juden von Polen und dann erst später 1933 , weil der Kibbuz ist gegründet 1923 und ich bin Jahrgang 1922, der älteste Sohn ist in meinem Alter und äh seit äh ich hergekommen bin, war er schon ziemlich aufgebaut, aber heute wenn ich so überleg, wie viele Jahre ich hier bin, also ich will nicht sagen, dass ich zu die Gründer gehört habe, das ist weit entfernt, aber ich gehör dazu und ich bin froh, ich bin da.

FRAU BETTEN: Das ganz sicher. Gibt’s denn aus dieser Gründergeneration von den Russen

RACHEL: Ob noch jemand lebt?

FRAU BETTEN: und so noch Leute?

RACHEL: Ob noch jemand lebt? Ob es noch lebt?

FRAU BETTEN: Ja.

RACHEL: Vielleicht zwei, drei, immerhin, das ist schon sechzig Jahre, über sechzig Jahre. So. Wenn die Leute sagen, wie wir ganz jung, zwanzig waren, siebzehn waren, nimmt auch amal a Ende.

FRAU BETTEN: Ist der Einfluss dieser Gründer, ist der sehr deutlich bemerkbar gewesen -

RACHEL: Damals ja.

FRAU BETTEN: in der weiteren Entwicklung des Kibbuzes -

RACHEL: Oh wa! Oh wa! Sehr, sehr.

FRAU BETTEN: Erzählen Sie mal ein bissl.

RACHEL: Sehr, sehr, ich weiß nur, dass es, wie ich noch jung war, dass ich richtig neidig war, es war ein Unterschied zwischen de/ den Gründern und denen die nachher gekommen sind. Und sie ham uns das immer fühlen lassen und vorher, bevor der Kibbuz hier auf den Boden gegangen ist, war man in einem anderen Kibbuz, der hieß Gesher, das heißt, heute sitzt man auch dort, aber das war der erste Platz, wo die ersten Gründer gesessen sind, weil hier war der Boden, war arabisches Dorf, weiß nicht, und ich war richtig neidig gewesen auf die, die gegründet haben den Kibbuz, weil sie haben gehabt bessere Bedingungen. Wir haben alle keine Bedingungen gehabt, aber a bisserl besser war’s gewesen, bisserl, sie haben schon gehabt a bisserl besser Zimmer, eine Wohnung. Es war ein Unterschied. Der russische Einfluss war überhaupt, es warn/ sie waren sehr intelligent, hochintelligente Menschen, die verlassen haben die Universitäten und so weiter, um auszuwandern und zu gründen und d/ den Staat zu gründen zu wollen. Die waren wirklich hoch ge/ belesen und gebildet und fleißig gearbeitet, wirklich äh nicht acht Stunden und nicht zehn Stunden, aber sie haben uns auch das fühlen lassen. Sie ham zum Beispiel, sie waren andererseits ham sie wollen die jeckischen Einwanderer, ich red nicht von mir, ich bin ja keine Jeckete, ich bin doch von Österreich, aber ich red von den Einwandern von neunzehnhundertdreiunddreißig, man hat sie gebraucht und wie man sich über sie lustig gemacht hat, hier, wie! Und dabei waren sie solche fähige Menschen, die meisten hams verlassen dann, wie die Zeit gekommen ist mit de/ mit die Gelder mit Wiedergutmachung und so weiter ham die meisten, die meisten Jeckes, die meisten also, die Gelder bekommen haben, ham die meisten verlassen, wenige sind geblieben.

FRAU BETTEN: Liegt das an, an, an dieser von Anfang an etwas

RACHEL: Nein!

FRAU BETTEN: bestehenden Kontrast,

RACHEL: Nein, nein, nein , nein.

FRAU BETTEN: dass die nicht zusammengewachsen?

RACHEL: Nein, nein, nein, nein es liegt daran, dass jeder, jeder, das Geld in die eigene Tasche stecken wollte und nicht in die und nicht in Kibbuz, im Kibbuz sei Tasche.

FRAU BETTEN: Aber der Kibbuz hat sich doch sowieso, glaub ich, noch geteilt, dieser hier auch noch?

RACHEL: Ja, er hat sich geteilt. Neunzehnhundertsiebenundfünfzig war gewesen eine politische Spaltung und zwar die eine Hälfte sozusagen hat kokettiert mit Russland, für sie war gewesen Vater Stalin, ungefähr, ja, die andere Hälfte, in der ich eben auch bin, ja, die war viel besonnener und nicht unbedingt eingestellt für Russland und da waren gewesen und wir sind alle gesessen auf diesem Teil, wo ich, wo wir hier sind und dann war gewesen äh eine Abstimmung und war einundfünfzig zu neunundvierzig Prozent und einundfünfzig Prozent sind wir hier geblieben und die neunundvierzig Prozent ham sich dort gebaut einen neuen Kibbuz auf unsern Feldern, das war eine gerechte Teilung, aber bis dann die, die Häuser dort gebaut worden sind, ham sie auch hier gewohnt, aber sie ham doch aus den Fehlern von uns gelernt, wie man nicht bauen soll, man ja bauen soll und deswegen sieht ihr Kibbuz schöner aus obwohl er nicht besser ist wie unsrer im Gegenteil. Und das hat auch Familien zerrissen und Geschwister und, und ein Ehepaar, in einem Fall wars auch ein Ehepaar, sie leben beide schon nicht mehr.

FRAU BETTEN: Und das war hier erst siebenundfünfzig, also ich hab

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: Ich hab Ihnen erzählt, dass ich in Kirjat Brenner war.

RACHEL: Ja, das ist doch dasselbe!


FRAU BETTEN: Aber Nezer Sereni, die ham sich doch schon zweiundfünfzig abgespalten?

RACHEL: Ja, also dann hab ich mich geirrt, nein, nein, nein, nein das ist genau.

FRAU BETTEN: Dasselbe Jahr.

RACHEL: Ja, ich wurde, nein, da haben Sie sich geirrt. Gut - das kann man - ich habe hier kein Lexikon.

FRAU BETTEN: Das kann man nachlesen , ja, das -

RACHEL: Ich hab hier kein Lexikon, ich kann das nicht nachschaun, ja das kann man nachschauen, aber die Zeit war so mies, das ist unvorstellbar, aber ich will darüber gar nicht reden, weil das ist ka großer, das is ka großes Kompliment für uns. Und ich will nur reden über schöne Sachen.

FRAU BETTEN: LACHT Das hat sich aber verwachsen in, in Ihrer Gegenwart heut absolut, nich ?

RACHEL: Ja, jetzt in äh. Wir haben vieles gemeinsam, das erste war, dass die Schule wieder gemeinsam ist und die Schule war damals das Erste, was man getrennt hat und die Kinder, Kinder von der ersten Klasse, was ham die verstanden, sechsjährige Kinder, die ham gestänkert, Hauptsache sie ham gestänkert. Nu da ham all die möglichen Lieder gehabt und so weiter. Meine Tochter war damals in der ersten Klasse, sie ist nach Hause gekommen weinend, was ist? - A Kind hat ihr gesagt, dass du bist, ich weiß was, also weil man doch gewusst hat von den Eltern, sie hat verstanden von Politik mit sechs Joa sicher nicht. Also ääh und die Schule war das Erste, was man getrennt hat damals und jetzt nach dreißig Jahren oder so was, ist die Schule das Erste, was wieder zusammengekommen ist. Komisch, nicht.

FRAU BETTEN: Ist aber in den anderen Fällen auch ähnlich gelaufen.

RACHEL: Ja, ja. Ja, ja. Ja, ja - und aber äh das heißt, es ist trotzdem zwei Kibbuzime, sind aber freundschaftliche Kontakte, wir fahren noch manchmal rüber, die kommen noch uns besuchen, aber es sind zwei getrennte Kibbuzim, obzwar sie gerne möchten mit uns, man will noch, glaube ich, mit’m Kulturwesen will man sich jetzt auch vereinigen, damit man zum Beispiel eine Vorstellung macht für beide, für beide Kibbuzim und noch verschiedenes anderes aus Sparmaßnahmen, ja. Das gibt es, zum Beispiel ich bin rüber, ja, in andern Kibbuz, bin gegangen turnen, weil das bei uns an einem Tag war, wo, wo ich nicht hab turnen können, es gibt ein extra Turnen für ältere Damen, da bin ich rübergegangen, hab dort geturnt, *4* ja.

FRAU BETTEN: Gemma noch mal in die Frühzeit die/ des Kibbuzes, als noch einer war, zurück, wie ham Sie hier angefangen? Was ham Sie für Arbeiten zugewiesen bekommen und wie ham Sie da gelebt? Sie ham also gleich geheiratet? Kurz.

RACHEL: Mhm, mhm.

FRAU BETTEN: Ja.

RACHEL: Gleich geheiratet und da habe ich gearbeitet -

FRAU BETTEN: Wie viele Leut waren Sie damals im Kibbuz?

RACHEL: Über tausend.

FRAU BETTEN: Über tausend, recht groß schon.

RACHEL: Über tausend , äh man hat sich gekannt mehr oder weniger bei, bei, mich haben sie jedes Mal verwechselt, wir haben damals gehabt eine Gruppe von Jugendalija, wie ich gewesen war ja, vor paar Jahren zurück hat, man war auch bei uns zu der Zeit gewesen eine Gruppe das waren tschechische Mädels und mich hat man doch nicht gekannt und ich war ungefähr in demselben Alter, hat man geglaubt, ich gehöre auch dazu. Ääh. Na, ich habe gearbeitet damals im Speisesaal und wir haben damals eine andere Fabrik gehabt, eine Marmeladefabrik, dann habe ich dort gearbeitet, natürlich gibt man die miesesten Arbeiten, was immer Nachtschicht gewesen. No und dann hab ich geheiratet und dann habe ich nachher gearbeitet auch noch in der Fabrik, ja ziemlich lang, paar Jahre habe ich in der Fabrik gearbeitet, aber dorten hab ich eigentlich den Anfang von meiner Karriere gemacht.

FRAU BETTEN: Inwiefern?

RACHEL: Ja. [KURZE UNTERBRECHUNG DER AUFNAHME] Aha, aha.

S3: Ja, es geht doch, doch, doch

FRAU BETTEN: Ja, aber irgendwas ist nicht gegangen dazwischen, das war nicht rot, jetzt ham Sie gerade so schön erzählt.

RACHEL: Aha.

FRAU BETTEN: Ja, jetzt läuft er wieder.

RACHEL: Aber das ist jetzt doch still gewesen inzwischen?

FRAU BETTEN: Nein, nein, es ist okay, ich habs abgeschaltet gehabt. Also wir setzen am nächsten Tag sozusagen das Gespräch fort.

RACHEL: Ja, ja - äh in der Marmeladenfabrik is äh jemanden eingefallen mich in das Büro zu bringen und mal zu sehen, zu was ich fähig bin und ich hab natürlich keine Ahnung gehabt, weil ich war doch trotz allem, von Wien bin ich weggegangen, war ich ein Schulkind, Maschinschreiben natürlich auch nicht können, das hab ich dann dort begonnen, auch ein bissle Buchhaltung, aber dann im Laufe der Zeit, ich hab auch einen Kurs gemacht für Maschinschreiben auf, auf Iwrith, auf Deutsch hab ich dann mich schon allein gelernt und heute hab ich, hab ich Deutsch große Geschwindigkeit. Mit zwei Finger und kann sehr rasch schreiben blind mit zwei Finger, geht, ja. Auf, auf Hebräisch schreib ich mit acht Finger. Ääh ich bin dann, ääh dann hat man die Fabrik geschlossen, so war die ganze Sache und ich hab dann also die anfallenden Arbeiten im Kibbuz, ääh auch eine Strumpfstopfmaschine war dabei, ich hab sogar ganz gern dabei gearbeitet, weil ich konnte meinen Gedanken nachhängen, aber dann ist man doch draufgekommen, dass ääh ich nicht am richtigen Platz bin, dafür gibt es doch eine Kibbuz/ äh eine Leitung im Kibbuz, die für die Arbeit zuständig ist, was eigentlich jetzt auch von Herrn Stern die, die Tochter ist in dieser Leitung, das ist je/ jetzt diese Arbeitseinteilung und ääh ich bin dann, also ich wollte in die Buchhaltung, die war aber für mich verschlossen gewesen. Ich wollte Lehrerin werden und ich bin so froh dass ich, dass man mich nicht angenommen hat, weil ich wär keine, ich wär keine gute Lehrerin gewesen. Ich wollte werden, ich wollte Lehrerin für Rechnen für Mathe-, nicht hohe, nicht hohes Rechnen aber - damals warn doch noch keine, keine Computer, sondern für, also sagen wir für Schulkinder von den ersten Klassen und so weiter bis zur Algebra oder eventuell noch Algebra, weil ich sehr gern gerechnet hab, aber die Antwort, man hat gesagt, ich bekomm eine Antwort und hab sie bis heute nicht bekommen. Und ich bin so froh, dass man nicht, dass ich keine Antwort bekommen hab, weil Lehrerin wär nicht mein Beruf, das hab ich dann gesehen, wie ich begonnen hab zu arbeiten in der Bibliothek. Bibliothek und Schulsekretärin und ich hab dabei gearbeitet, ich glaube also ungefähr siebzehn Jahre, ich habe auch Kurse gemacht als Bibliothekarin und zum Schluss das Diplom und dieses Diplom ist zwar auf Hebräisch aber übersetzt kann ich damit überall arbeiten auch im Ausland, auch ich hab gelernt das System, wie man Bücher äh im Katalog also einordnet. Kata-

FRAU BETTEN: Katalogisiert.

RACHEL: Ja. Ich glaube aber das System ist heute nicht mehr so selbstverständlich, obwohl damals, ich kann mich erinnern, bin ich, war ich in England und bin reingegangen in die National Library und ich wollte sehen, wo dort Israel steht und hab mich aber erinnert, was, im Kopf, wo man nicht wissen muss im Kopf, was die Nummer ungefähr ist und bin hingegangen und Israel war dort genau und das ist ein wunder ein wunderbares System nach Zahlen. Aber ich hab irgendwas gehört, dass das System sich heute auch nicht mehr hält äh, ich hab sehr viel Bücher gelesen, aber leider durch das Fernsehen und so weiter hat das ziemlich nachgelassen, ich geb es ehrlich zu. Übrigens Lesen, ich les am liebsten auf Englisch, ganz komisch, ich les, ich les genauso gut auf Hebräisch, Deutsch und auf Englisch aber Englisch gibt mir mehr Interesse, aber unter der Bedingung, dass es in Englisch geschrieben ist, das heißt, dass ich möchte lesen in der Sprache, in ders geschrieben ist, aber natürlich kann ich französisch kann ich nicht lesen, nur so ganz kurz Geschichten, aber so nicht. Aber nehmen wir an ein Buch auf Russisch kann ich nicht lesen, also da muss ichs in einer Übersetzung, dann ist es schon egal, ob ich les auf Deutsch oder auf Englisch, ja. Aber Englisch les ich sehr gern.

FRAU BETTEN: Wie sind Sie denn so gut ins Englische reingekommen? Im Kibbuz ist doch in der Zeit der Mandatsregie rung

RACHEL: Oh, da hat man mir gesagt -

FRAU BETTEN: Noch nicht so viel Kontakt gewesen?

RACHEL: Kein Wort, kein Wort. Ich bin hergekommen und hab Englisch könn, nicht, nicht besonders gut, aber ich hab Englisch können und wie in der Mandatszeit und wir ham doch die Engländer hier gehabt, kein Wort, also ich hab überhaupt kein Englisch mehr können, ich hab sehr viel vergessen, aber ich bin ziemlich rasch wieder reingekommen, ziemlich rasch, aber was ich vollkommen vergessen hab, war Französisch, vollkommen. Ich hab wieder begonnen von, von Anfang an.

FRAU BETTEN: Aber wie sind Sie ins Englische reingekommen, die meisten

RACHEL: Schule, ich war doch in der -

FRAU BETTEN: Ja schon, aber meine Gesprächspartner, die haben immer moniert, dass Sie in der Schule gar nicht genug gelernt und vor allen Dingen nicht Sprechen gelernt haben, die haben dann zum Teil hier eben sehr schnell durch Arbeiten bei der Mandatsre gierung oder beim Militär

RACHEL: Aha, nein, nein.

FRAU BETTEN: oder was, das Englische dann so schnell erlernt, das ist bei Ihnen nicht, na?

RACHEL: Nein. Ich kann mich schon nicht mehr erinnern, wir ham gehabt einmal eine Englischlehrerin und sie war glaub ich Südafrikanerin, wenn ich mich nicht irre, und wir ham uns angefreundet oder meine Kinder waren im Alter von ihren Kindern und so, wir ham uns angefreundet, sie hat natürlich hebräisch gesprochen, aber so aus Interesse, kann mich nicht mehr erinnern, ziemlich leicht gegangen. Und dann ich hab eine Freundin gehabt, die is leider schon gestorben, die hat hier gegenüber gewohnt, sie war einige Jahre in England, ist auch aus Deutschland, aus Breslau und sie war einige Jahre in England bevor sie nach Palästina gekommen is und sie hat mich auch aufgemuntert mit dem Englisch und sie hat mir den ersten englischen Roman zu lesen gegeben und ich erinnere mich noch sogar, was das war, weil ich hab vorhin den Film gesehen und da hat sie gesagt, und jetzt liest du das Buch, damit dus eher verstehst und sie hat mich angehalten, ich hab begonnen, Englisch zu lesen und ich les Englisch, ja.

FRAU BETTEN: Das is ja erstaunlich, dass Sie also ohne jetzt in längerer Zeit in einer homogen englischsprechenden Umgebung gewesen zu sein - mehr ins Englische lesen ?

RACHEL: Wir haben doch die Freiwilligen , ich hab doch die Freiwilligen, die Amerikaner ist immer schwer zu verstehen, aber ich, aber da muss ich manchmal wirklich fragen, was die eigentlich meinen, aber ich hab doch mit Freiwilligen immer zu tun. Natürlich äh das bi/ das ist schon kein Problem, englische Rede, ich suchte die Franzosen, waren es auch gewesen und eine hat sich schon verabschiedet, fährt weg und einer is noch da. Franzosen kommen wenige.

FRAU BETTEN: Mit den Freiwilligen, da sind wir jetzt aber schon wieder in ihrer Zeit in der Kibbuzverwaltung, die ham wir jetzt chronologisch noch nicht erreicht.

RACHEL: Ja, ja.

FRAU BETTEN: Wir müssen ja net streng chronologisch vorgehen, aber jetzt war ma grade bei dem Punkt, wo Sie Diplombibliothekarin hier geworden sind und Sie ham gesagt, dass Sie überhaupt sehr viel gelesen ham, das is

RACHEL: Ja, sehr viel.

FRAU BETTEN: Wie, die, die Kibbuzim ham ja zum Großenteil sehr schöne Bibliotheken, was ich bis jetzt gesehen hab, werden auch immer sehr, sehr eifrig benützt von den Kibbuzniks?

RACHEL: Jetzt auch weniger, auch weniger, äh das Fernsehen, Fernsehen - und dann noch etwas, die Tageszeitung, jeder, jeder hat das Anrecht auf eine Tageszeitung und er kann sie sich wählen, ja. Die ham so viele Beilagen und die Beilagen sind höchst interessant, ich kann ma nicht helfen, manche sagen, das ist ja, das ist kein Niveau und ich sag, das is ja ein Niveau und man lernt eine Menge davon und ich komm nicht einmal so dazu, das heißt äh ich muß mer noch die Zeit abzwicken, also mal ein Buch zu lesen, ich komm einfach nicht dazu, der Tag hat doch nur vierundzwanzig Stunden.

FRAU BETTEN: Das kulturelle Leben ist aber am Anfang im Kibbuz in den vierziger Jahren und fünfziger ist noch sehr intensiv gewesen nicht?

RACHEL: Viel mehr , ja, ja, ja.

FRAU BETTEN: Wie hat das da ausgesehen?

RACHEL: Äh, es war, man war überhaupt viel mehr beisammen und es warn viel mehr nicht Theatervorstellungen von auswärts sondern auch viel mehr, was, was die Leute selber getan haben. Man hat sich mehr zusammengesetzt und gesungen und man hat auch eher, irgendwie improv/ irgendetwas improvisiert, man hat äh viel mehr jetzt schon viel weniger, jetzt wartet man, kommt spielt uns vor, dann schaun mers uns schon an. Aber dafür gibt es jetzt als kulturelles Leben, es gibt zum Beispiel, ich hab ein Abonnement für Theatervorstellungen, die hier im Jordantal kommen von Tel Aviv, ja. Also die großen Theater, Habima, Kameri, das sind die großen Begriffe kommen her ins Jordantal auf diese Bühnen und ich hab ein Abonnement, kostet mich viel weniger, ich bekomm die Nachricht, wann es ist und äh um was es sich handelt und wir ham schon einige Vorstellungen gesehn; ich mehr, weil er hat so manches Mal gesagt, es gefällt ihm nicht, er will gar nicht hin und da habe ich sein Abonnement jemand andern gegeben, ja. Also das zum Beispiel, äh man will jetzt bauen äh ein Kulturzentrum am See, um mit und da/ wer nicht fahren kann, ist ein Problem, es wird sein mit ständiger Autobusverbindung, innerer Autobus zu den verschiedenen Vorführungen, Vorstellungen und äh Kaffeehaus oder große Bibliothek und so weiter und mit ständiger Verbindung direkt zwischen den Kibbuzim also man, man kommt den Leuten entgegen, ja. Aber äh ich muss ehrlich zugeben, ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das Leben einmal gegangen ist ohne Fernsehen, dass das Fernsehen, obwohl es nicht weiß Gott wie gut ist und die guten Programme sind sehr selten, aber es, es gibt trotzdem viel dazu, gibt trotzdem viel dazu.

FRAU BETTEN: Seit wann ham die Kibbuzniks Fernsehen? Es war doch ursprünglich schon der Besitz eines eigenen Radios, war schon ein Schritt, nicht


RACHEL: Ja, ja, noch ein Radio is auch noch da, ja. Ja, auch Radio war seinerzeit verboten, seit wann, ich kann mich schon nicht mehr erinnern, ich weiß das erste Fernsehen schwarz weiß hab ich gebracht, da durfte man sich schon, da durfte man sich schon allein anschaffen, der Kibbuz hat noch nicht gegeben und da war gewesen auch diese Fußballmeisterschaft, was mich ja nicht interessiert, aber meinen Mann. Und ich ihm damit so eine große Freude gemacht, ich hab bekommen, ich hab seit, ich hab zum Teil hab ich das Geld allein arrangiert und zum Teil hab ich bekommen als Geschenk von einer Dame in Tel Aviv und hab das, das Fernsehn bestellt und ist angekommen und hierher gestellt und zwei, drei Tage später war dieses Mundial, ich weiß noch mein Mann is gesessen die ganzen Nächte durch und er war glücklich, no, so hats angefangen. Dann hat der Kibbuz schon das bunte, das bunt/ das/ das bunt/ das hat dann der Kibbuz schon spendiert und das schwarz weiß weggenommen.

FRAU BETTEN: Und das haben alle Familien?

RACHEL: Ja, ja, ja, ja, alle ham und ich hab mer nur jetzt im Laufe der Zeit schon ein Fernschaltgerät angeschafft, damals hab ich gesagt, ich brauch das nicht, es is sehr gesund aufzustehen, aber im Laufe der Zeit - habe meine Schwierigkeiten äh also mitn Aufstehn und so weiter, also bin ich froh, ich habs mir angeschafft.

FRAU BETTEN: Wie hat das eigentlich früher ausgesehen, also äh in den Wohnungen. Äh ich/ in den Kibbuzim, wo ich war, haben sie alle ganz nette eigene Bibliotheken auch noch gehabt.

RACHEL: Oh ja.

FRAU BETTEN: Sie haben eine Menge Bücher stehen?

RACHEL: Ich hab, ich hab doch, ich hab doch viel Bücher.

FRAU BETTEN: Hat man die von Anfang an haben können oder ging das zunächst alles in die Bibliothek ?

RACHEL: Nein, nein das is alles privat. Nein, das is alles privat, erstens einmal ich hab doch Bücher, ich hab doch die Bücher gekauft für die Bibliothek, wo ich gearbeitet hab, da konnte ich für mich, wenn ich gesagt hab, für mich, konnte ich auch noch billiger bekommen, zweitens mein Hobby ist das Kreuzworträtselauflösen und da begi/ da gewinnt man oft Bücher. Und da hab ich diese Bücher, die mich gar nicht interessieren seinerzeit zusammengenommen und dann umgetauscht gegen was mich ja interessiert und dann noch vieles geschenkt. Vor zwei Wochen hab ich mir gekauft diese Enzyklopädia für fünfhundert Schekel vor zwei Wochen, bitte, da steht sie und ich bin ganz stolz darauf, ja.

FRAU BETTEN: Gratuliere.

RACHEL: Ah, und ich hab eine andere gehabt, ich hab gehabt eine Enzyklopädie von meinen Kindern, die ich seinerzeit den Kindern gekauft, es ist zwar alles drin gestanden aber ohne Bilder. Es war, es war nicht das und ich hab schon die ganze Zeit gespitzt darauf und da war ich mit meinem Sohn in Tel Aviv in er Ausstellung äh Haus, Haus und Heim, oder wie das heißt, so etwas - und dann wars zu einer besonderen Ermäßigung und zum Glück, er war ja mit mir und da bin ich noch dreimal hin, soll ich, soll ich nicht, soll ich, soll ich nicht, dann hab ich mer gedacht, du kaufst es einmal, na.

FRAU BETTEN: Und die is auf Hebräisch na?

RACHEL: Ja, ja.

FRAU BETTEN: Ja.

RACHEL: Aber ich hab auch auf Deutsch, ich hab hier den kleinen Knaur, den, den Volksknaur hab ich und ich hab vieles auf Deutsch, (...?) aber von meinem Mann übrigens, das is alles von meinem Mann und das is von mir und in der Ecke is deutsch.

FRAU BETTEN: Die deutschen sind das jetzt alles

RACHEL: Die Ecke is englisch.

FRAU BETTEN: hier im Lande später gekaufte, haben Sie selber überhaupt irgendwas mitgebracht?

RACHEL: Ja, wir ham mitgebracht den Goethe, Goethe und Schiller, und Grillparzer is noch hier oben.

FRAU BETTEN: Ah ja.

RACHEL: Ja, ich wollte ihn eigentlich verkaufen, aber das ham meine Kinder, wenn ich nicht mehr bin, das is noch oben. Ich hab mitgebracht, mein Mann nicht, mein Mann is, ich bin noch legal gekommen und der - konnt ich mitbringen eine Kiste mit allen Sachen, aber mein Mann is illegal gekommen, das war die illegale Einwanderung nur mitn Rucksack am Rücken. Und was kann ma da schon mitnehmen? Außerdem Bücher warn nicht genau seine Schwäche, das war - auch diese Bücher, die er hat, ist das meiste über Sport oder, oder über Briefmarken.

FRAU BETTEN: Weil wir grad bei ihrem Mann sind, welche Tätigkeiten hat denn ihr Mann im Kibbuz gehabt?

RACHEL: Er war Bäcker.

FRAU BETTEN: Er war Bäcker.

RACHEL: Er war der Bäcker, viele Jahre der Bäcker, ja, der hat wunderbare Sachen gebacken und Kuchen gebacken, deswegen, deswegen kann ich noch immer keinen Kuchen backen.

FRAU BETTEN: War er das schon als er kam?

RACHEL: Nein, nein, nein, er - das hat er hier im Kibbuz gelernt, er war Auslagenarrangeur. Er ist doch von Prag und dort is ein ganz großes Kaufhaus, das noch heute besteht und dort hat er, wenn er bei der letzten Auslage war, hat er nachher schon wieder bei der ersten begonnen. Also er war Auslagenarrangeur und dann hat er - hier hat er gearbeitet in der Landwirtschaft und wir ham uns doch hier kennen gelernt und er hat bei den Bananen gearbeitet und er war alles, aber ich hab gesehn glücklich ist, ist der Mann nicht und er war ja länger hier im Kibbuz als ich und ich hab es durchgesetzt, dass er soll lernen Bäcker und er war - achtundzwanzig Jahre hat er gearbeitet Bä/ Bäcker, bis man die Bäckerei geschlossen hat, weil da war eine, eine Bäckerei, die uns beliefert hat, und er war ja auch schon fast im Rentenalter, und er is dann gegangen in die Fabrik arbeiten, da, was Sie das Bild dort gesehen ham, ja. Er hat in der Fabrik gearbeitet gut und gern und in der, in der - wir ham doch eine Plastikfabrik für Wegwerfflaschen und äh auch wird viel wird auch exportiert. Und er hat den Teil für bedrucken von den Flaschen war er einer von die Verantwortlichen, hat das wunderbar ge/ wunder und gern gemacht. Na, hat er inzwischen gehabt n Herzinfarkt und so weiter, also da is er schon runter auf drei Stunden Arbeit, es war nicht mehr das und dann ham wir ein gemeinsames Hobby gehabt und das war Puzzle. Und da sind viele von die fertigen na, von die fertigen Bilder, große und äh noch, noch neue Schachteln auch - und das liegt ich komm nicht dazu. Und allein hats keinen Sinn und ihn, den Herrn Stern, kann ich dafür nicht interessieren.

FRAU BETTEN: Ja, gehn wir zurück in die Zeit, wo Sie Ihre Kinder bekommen haben und die Kinder warn also im Kinderhaus,

RACHEL: Ja, ja.

FRAU BETTEN: das heißt das ham wir jetzt auf diesem Band noch gar nicht drauf -

RACHEL: Ja, ja.

FRAU BETTEN: erzählen Sie mal - damals war also noch die strenge Kibbuzordnung

RACHEL: Die Kinder ham gewohnt - ja, ja , die Kinder ham gewohnt im Kinderhaus und sind dann am Nachmittag nach Haus gekommen, aber die Schulaufgaben ham sie zu Hause gemacht, ja, und ich habe noch geholfen, hab ihnen helfen müssen. Englisch is ihnen nicht herein in den Kopf, beiden nicht, beiden nicht. Meine Tochter hat inzwischen in England gelebt deswegen kann Sie Englisch. Äh. Und ich hab das eigentlich richtig gefunden, die, die Erziehung äh weil, weil es war auch die Frau die im Kinderhaus gearbeitet hat, hat doch eine gewisse - Ausbildung gehabt, ja, also - und eine Mutter ist zwar eine Mutter, aber nicht immer ist sie so gescheit, so clever, dass sie genau weiß, wie vorzugehen und, äh und trotzdem diese Frau, die dort gearbeitet mehr/ hat mehr - hat mehr Erfahrung gehabt, nicht immer wars die beste aber mir, mir hat die Idee gefallen, erst mal, da war man am Abend freigewesen, man hat die Kinder schlafen gelegt, in welchn Alter ja, wenn die größer waren - allein schlafen gegangen, und dann also ist sie/ äh/ die Idee, also, ist eigentlich aufgekommen, bei uns, von der Generation, die hier im Kibbuz geboren is, aufgewachsen in allgemeinen Erziehung und selbst geheiratet und selbst Kinder gehabt haben und die ham die Kinder nach Haus genommen, von denen hat das angefangen.

FRAU BETTEN: Das hab ich schon mal gehört, worauf führen Sie das eigentlich zurück ? Also, glauben Sie, denen hat was gefehlt doch letztlich ?

RACHEL: Ja das vielleicht doch, vielleicht doch - auf, ich führ das zurück auf das mütterliche Gefühl, ich weiß nicht, ob die Väter so unbedingt dafür waren, aber a Mutter will ham, dass also sagn ma, das Kind weint in der Nacht - stellen Sie sich vor, a Kind weint im Kinderhaus, bis die Frau, eine Frau hat sich die ganze Nacht rumgedreht, bis sie vom einen Ende zum andern - da ist man nicht mit Fahrrädern, nur zu Fuß gelaufen, äh gekommen ist und hat gehört das weinende Kind und das Kind schreit, es will zur Mutter, ja, und man geht doch die Mutter nicht wecken und wie oft sind Kinder mitten im Winter im Pyjama, das womöglich noch nass war - ja und bloßfüßig nach Haus gelaufen? Auch solche Sachen sind passiert, es, es war nicht unbedingt, aber die Kibbuzidee, für die Kibbuzidee wars das Richtige, ich will nicht sagen, dass ich so - verbrannt war, so - hundertprozentig aber - mir hat die Kibbuzidee doch gefallen, obzwar nicht immer und ich hab so manches Mal gedacht - das ist nicht für mich und zwar einfach aus dem Grund, weil ich hab das Gefühl gehabt, dass - ich kann mich nicht geistig genug entwickeln, das war noch gewesen vor der Bibliothek, vor der Bibliothek und vor der Arbeit in Tel Aviv, ja, weil Tel Aviv war, ich hab begonnen vierund/ vierundsechzig, vierund/ ja/ vierundsechzig hab ich begonnen, und äh mein Mann war strikt dagegen, ihm hats gefallen im Kibbuz für ihn wars gut, er war nicht bereit, er war höchstens bereit mit mir, wenn schon zu gehen in einen andern Kibbuz, wo es mehr, mehr Jeckes und mehr Tschechen gibt, und ich hab gesagt, nein, wenn raus, dann nur in die Stadt und dabei hat es sich zerschlagen, ihn wollt ich aber auch nicht stehnlassen, weil er war - süß war er, ich hab ihn so gern gehabt, ja, also das auch nicht - und so sind wir eigentlich, das war seine Idee, darauf gekommen, was meinst du, wenn du würdest zum Teil arbeiten in Tel Aviv in der Kibbuzorganisation hast du ja Start, und kannst dich vielleicht entwickeln, das wars.

FRAU BETTEN: Ach, in Tel Aviv, das is auch in der Kibbuz organisation -

RACHEL: Ja, ja in der Kibbuzorganisation.

FRAU BETTEN: wo sie da arbeiten,

RACHEL: ich hab kein Gehalt ,

FRAU BETTEN: innerhalb der , innerhalb der Kibbuzorganisation sind Sie verantwortlich seit fünfundzwanzig -

RACHEL: Nich, nein, nich verantwortlich - nein, nicht verantwortlich

FRAU BETTEN: nicht verantwortlich, Sie arbeiten mit ja, ja, ja, ja, ja, ja.

RACHEL: Wir sind eine Abteilung von acht, wir sind acht Menschen, o Gott, jeder hat seinen Teil von der Arbeit, was ich mach, mach ich und verantwortlich, wir sind alle miteinander verantwortlich, aber wir sind un/ wir ham kein Gehalt, wir ham kein -

FRAU BETTEN: Wir haben jetzt noch gar nicht gesagt, was das ist, weil wir dummerweise vorhin ne Zeit lang nicht aufgenommen hatten.

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: Also - gehn, gemma noch mal zurück, Sie haben also ziemlich lange als Diplombibliothekarin hier

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: im Kibbuz gearbeitet und die Tätigkeit hat ihnen im Prinzip gefallen?

RACHEL: Ja, ja, ja, ja, ja.

FRAU BETTEN: Das war ne Ganztagstätigkeit oder wie?

RACHEL: Ja, jaja - weil ich war ja auch die Sekretärin von der, von der Schule, ich bin ja manchmal eingesprungen in der Klasse, wenn eine Lehrerin krank war und wissen Sie, was ich mit den Kindern gemacht hab, Sie werden das nicht glauben, Kreuzworträtsel, ich hab ganze Generationen gelernt Kreuzworträtsel auflösen, da hab ich auf die Tafel - von einer Kinderzeitung, die wir gehabt haben, aber nicht, die Kinder nicht gelesen haben [HAUSKLINGEL, STIMMEN] Na, nicht zu mir, äh hab ich aufgezeichnet das Kreuzworträtsel und hab den Kindern halt erklären müssen beim ersten Mal, was das is und so ham sie - so ham sie, das so ham sie gelernt, ja. Und manchmal wollte die Le/ wollte man, dass ich reingeh in eine Klasse auswechsel eine Lehrerin, ja, dass, aber mit ei/ mit einem andern Material, mit äh Vorbereitung für die nächste Stunde und ich komm mit diesen Heften an oder mit diesen Dings an, da hab ich jedem müssen ein, ein, ein Blatt geben, ich kann, da ham die gesagt, kommt nicht in Frage nur Kreuzworträtsel, *5* ja LACHT .

FRAU BETTEN: Da sind Sie ja da auch ein Profi, das wusste ich ja noch gar nicht, dass Sie da?

RACHEL: Ja, ja, ja, das hab ich, nein das is noch von Wien - noch von Wien als Kind.

FRAU BETTEN: Ja?

RACHEL: Ja - ja, und jetzt lös ichs - nur also auf Hebräisch oder Deutsch, Englisch gehts mir nicht, habs versucht - geht mir nicht, mein Freund mit dem ich doch am Telefon Kreuzworträtsel auflös, der machts auch auf Englisch, aber er war auch beim englischen Militär also *4*

FRAU BETTEN: Also, Sie waren Bibliothekarin, wie lange?

RACHEL: Ungefähr so siebzehn Jahre.

FRAU BETTEN: Siebzehn Jahre.

RACHEL: So etwas, ja, ja, siebzehn Jahre.

FRAU BETTEN: Und dann, was kam dann, warum - haben Sie

RACHEL: Dann, dann - ich hätte noch weiter gemacht, ich hätte noch weiter gemacht, hätte gar nicht mal gedacht - weil ich hab ziemlich selbständig gearbeitet - ich hab keinen Boss über mir gehabt, ja und der damalige Sekretär vom Kibbuz, also was eigentlich ein Bürgermeister is, ja, der hat mich so lang überredet, er wollte mich eigentlich an seiner Seite haben, dass ich mit ihm zusammen, weil ich bin sozusagen die rechte Hand von dem Sekretär, im Laufe der Zeit hat sich der, die Aufgabe sehr geändert, denn heute is lange nicht mehr, was es damals war, aber, aber - ich kann nicht sagen zum Schlechten, er hat mich überredet, genug, komm jetzt hierher, und so bin ich eben rüber in das Sekretariat und äh muss ehrlich sagen, ich bin sehr zufrieden und ich hoffe nur, ich kann das lange genug machen. Das Problem ist nur, dass - jetzt is eine junge Generation schon da, ich bin die einzige ältere in dem ganzen Haus und - solange mein Kopf noch arbeit und ich noch arbeit, will ich auch dort weitermachen, weil ich möchte nicht machen diese - Notarbeiten, die man den alten Leuten gibt - nicht für mich, nicht für mich. Und - es is nur - ich kann nicht einmal sagen Konkurrenz - aber - die junge Generation sieht viele Sachen anders, wie ich sie seh, und, und ich bin mit ihnen gar nicht einmal so zufrieden oder sie mit mir nicht - zum Beispiel manchmal, wenn ich so hör, ich wills gar nicht hören, diese Telefongespräche, diese privaten Telefongespräche auf so einem niedrigen Niveau, was man führt während der Arbeit. Und nicht nur, dass die, die daneben sitzt, ja, dort, hört doch durch des Dings durch, das is keine Wand, das is a offene Tür - nicht nur dass sie nicht arbeit, sie hält ja auch die auf, mit der sie - mit der sie dort spricht während der Arbeitszeit. Kannst ja sagen - kannst ja sagen - nutzt nicht viel, ja. Äh es gibt da manche Sachen, die mir nicht so zusagen, aber ich kann nicht nur, ich kann nicht umerziehen - ich kann auch nicht viel machen und ich mach auch nicht viel, weil ich weiß, ich zieh nur den Kürzeren, weil es kann mir dann nur passieren, dass mir dann jemand kommt und sagt, ja, weißt du - vielleicht wärs für dich leichter äh doch in der Fabrik - also so auf diese Art. Und ich weiß, es wär für mich nicht leichter und ich weiß, dass ich es nicht tun werde, aber, aber ich möchte nicht, dass man mir eines Tages sagt, hör mal zu, deine Aufgabe kann doch jemand anderer machen, deswegen muss ich viel zurückstecken.

FRAU BETTEN: Wie sehen die Aufgaben in der Kibbuzverwaltung nun alle aus, also die im Sekretariat, es gibt ja ne ganze Reihe? Ja, ja.

RACHEL: Also es gibt die Sekretärin, die sozusagen der - der Bürgermeister, dann gibt es einen Verwalter für - ich weiß nicht, wie für Sachen, die die Leute selber angehen zum Beispiel, wenn man eine Wohnung richten muss - oder wenn jemand umziehen will in eine andre Wohnung oder äh ja, mehr, mehr auf, auf gesellschaftlicher Basis, mehr was, was das Mitglied selber angeht, und das äh der hat, der ist eine Sie, er hat ziemlich viel damit, ziemlich viel damit zu tun, zum Beispiel jetzt will sie machen eine Aufstellung, was für Fernsehen bei allen Leuten sind, da hat sie so einen Fragebogen vorbereitet, weil sind doch von verschiedenen Quellen und so weiter, nicht alle vom Kibbuz und wann man einen bekommen hat und so - also es gibt doch Verschiedenes, es ist schwer zu sagen, ja äh wenn zum Beispiel, sagen wir Häuserbau, das muss ja auch beschlossen werden und dann bringt man, bringt ma, bringt man das das Programm vorn Architekten und dann kommt das wieder zurück - ob dieser Plan, dieser Plan und dann, wie man das finanziert, äh ja, das ist, das ist äh - dann ist die, die Arbeitseinteilung, die jeden Tag eingeteilt wird, und dann ist die planmäßige Arbeitseinteilung, was eben diese die, die, die

FRAU BETTEN: Tochter von Herrn Stern

RACHEL: Tochter von ihm - Herrn Stern macht - planmäßig für die nächste Zeit in der Landwirtschaft, ob man wird mehr Leute brauchen in den nächsten zwei Wochen in Bananen oder da oder dort und so weiter, und - das ja, und oben und dann ist bei mir noch eine Vervielfältigungsmaschine und bei mir ist noch ein - Computer aber der geht mich nix an, ich kenn mich nicht aus und will mich nicht auskennen und oben am Stock ist, ist die Kibbu/ die [BANDENDE]

RACHEL: (...) von der Buchhaltung hier

FRAU BETTEN: Genau, ja.

RACHEL: Ja. Äh, dann wollt ich nur sagen, dass ich hab außerdem noch einen Job im Kibbuz und zwar bin ich äh Teil, Teil - wie soll man nur sagen, ich hab die Kibbuzkassa.

FRAU BETTEN: Mhm.

RACHEL: Also jeden Donnerstag am Abend und jeden zweiten Samstag, also heute nicht, vorigen Samstag war ich von Na/ Mitt/ von, von zwölf bis eins, d. h. ich gib aus das Geld und ich schreib ein, weil jeder hat doch, hat doch sein Budget, und das ist mir grad eingefallen, weil das ist in der Buchhaltung.

FRAU BETTEN: Mhm.

RACHEL: Ja, und das mach ich auch schon - will nicht sagen zehn Jahre so acht Jahre, aber das ist zufällig, weil äh der Mann, der das überhat und jetzt noch überhat äh und ich steh mit ihm sehr gut, mit ihm sehr gut, mit seiner Frau sehr gut, seiner Frau hab ich, hab ich beigebracht Handarbeiten, das ist ja mein Hobby - und äh und er hat eines Tages gesagt, er macht nicht weiter und da ist jemand draufgekommen, dass ich vielleicht seine Hilfe sein könnte, und so teilen wir uns - das heißt, wenn er einmal nicht kann, nehm ich, übernehm ich auch, soweit ich da bin, weil, wenn ich in Tel Aviv bin, ist sie verloren hier, äh und so helfen wir uns gegenseitig, aber zwei Mal in der Woche, das heißt jeden Donnerstag Abend, von sechs bis sieben und jeden zweiten Samstag bin ich in der Kassa, und die andern Male, die sind nicht jeden Tag - und oft ist es er. Also, das is also nebenbei und das ist ja natürlich eine Vertrauenssache, natürlich, die Kasse muss stimmen, ja. Na und ich weiß, wann ich geben darf und wann ich nicht geben darf, aber ich hab mich gewundert, dass man überhaupt auf mich gekommen ist. Ja, und das mach ich schon viele Jahre. Herr Stern ist auch nicht zufrieden, er hat schon einige Male was darüber gesagt und ich lass ihn reden und dann - weil ihn stört, dass das immer, dass es genau am Samstag zum Mittag ist, warum das nicht ist zu einer andern Zeit, und andere Zeit ist wieder auch für andere nicht bequem -.

FRAU BETTEN: Und da kommen die Leute abholen Geld, das ihnen ...?

RACHEL: Die bringen auch Rechnungen, nein, die bringen auch Rechnungen - die sagen, dass? Die lernen, für das Lernen bekommen sie, fürs Essen bekommen sie Geld, für die Fahrtspesen bekommen sie - und dann hat jeder sein Budget, aber bei Budget muss man sich vorher schon äh anmelden, dass man - wenn man eine größere Summe haben will, wenn es ist bis zweihundert Schekel bekommt man auch so.


FRAU BETTEN: Mhm.

RACHEL: Ja, und wenn und wenn jemanden gesperrt wird das Konto - so sagt man mirs schon vorher, kommt auch vor, dass man, dass ich nicht geben darf.

FRAU BETTEN: Bis zweihundert Schekel heißt - im Monat?

RACHEL: Na, einmal kommt man ,

FRAU BETTEN: Einmal

RACHEL: einmal, nicht im Monat, nein, nein.

FRAU BETTEN: Im Monat nicht, nein, nein, na also - in welcher Spanne wär das ?

RACHEL: Na - sagn wir jetzt im Sommer, will zwei Mal wegfahren und braucht Geld, nein, ohne Spanne

FRAU BETTEN: Ohne Spanne, aber - aber man muss -

RACHEL: Ja, jeder bekommt doch, wir bekommen doch jeden Monat eine Abrechnung wie viel Geld - das macht der Computer, ja, bringt je, jeden Monat eine Abrechnung äh wie viel Geld - wie viel man ausgegeben hat - und wie viel dann der Index ist, das dazu kommt und äh und wie viel wie viel noch geblieben ist, na kann sich doch jeder ausrechnen.

FRAU BETTEN: Steht denn da jetzt wirklich jedem immer das gleiche zu oder gibt es bei Leuten, die jetzt in der Ausbildung sind beziehungsweise

RACHEL: Ja, in der Ausbildung bekommen Sie ja Geld dafür

FRAU BETTEN: ja, bei Leuten die auswärts arbeiten und ihr, ihr Geld hier mit einbringen?

RACHEL: Das Geld geht automatisch in die Kibbuzkassa.

FRAU BETTEN: Ja, und die Anteile sind alle gleich dann, oder die Möglichkeiten hinterher aus der Kibbuzkasse was rauszunehmen

RACHEL: Soll, soll, soll

FRAU BETTEN: Sind dann ungefähr gleich

RACHEL: Es ist kein, ist keine hundertprozentige äh Gleichheit, das wi/ das kann nicht sein und wird nicht sein, aber - man bemüht sich, das Budget ist gleich, das heißt es gibt Zulage für Kinder, es gibt Zulage für Enkelkinder, das geht nach gewissem Alter, nein bei Enkelkinder ist es gleich, aber bei Kindern nach gewissem Alter bis zu vierzehn, mit vierzehn haben sie schon eigenes Budget, das ist auch eine neue Einführung, und ääh aber so aufgebaut ist es gleich, nicht nach Arbeitsplätze oder was man, was man hereinbringt, und zum Beispiel sagen wir, ein Lehrer bekommt doch bezahlt vom, vom Erziehungsministerium, das geht automatisch direkt an die Kibbuzkassa und der Lehrer hat auch nicht mehr

FRAU BETTEN: Hat man Einblick in die Ausgaben der andern oder ist das nur die Kibbuzverwaltung, die das

RACHEL: Nur die Verwaltung.

FRAU BETTEN: Nur die Verwaltung.

RACHEL: Nur die Verwaltung, ich kann verlangen, ich kann sagen, hör mal zu, ich geh zu der einen, die Verantwortlichen, kann ihr sagen, du hör mal zu, mir kommt das bissel komisch vor und das stimmt, die eine Frau kommt jedes Mal, jede Woche und hebt ab zweihundertfünfzig Schekel, wie lange kann das noch dauern, hat sie überhaupt noch genug, weil jedes Mal wenn, s is eine alte Frau die ziemlich gebrochen ist und jedes Mal wenn, wenn die eine Tochter kommt auf Besuch, muss sie ihr geben zweihundertfünfzig Schekel, wahrscheinlich anders kommt die Tochter nicht, ich weiß es nicht, und dann bin ich - das war eine Sache vor zwei Wochen war. Bin ich gegangen zu der, die das verwaltet und sie hat gesagt, nun gut schaun wir nach, sagt sie, also für Juni kann ich noch nichts sagen, weil das, das kommt doch erst herein, aber bis Juni hat sie noch gehabt dreitausend Schekel, also ist die Sache nicht so gefährlich, kannst ihr weiter noch geben, aber sie kann mir eines Tages sagen, wenn die Frau kommt, du darfst ihr nicht mehr geben, aber man sagt es auch ihr, aber so hab ich keinen Einblick, interessiert mich auch gar nicht -

FRAU BETTEN: Ja, ja - aber ich mein, wonach wird das berechnet, wenn man jetzt sagt, sie hat noch dreitausend Schekel, wenn*s doch kein Privatvermögen in dem Sinne gibt ?

RACHEL: Nein, äh das Budget, das, das Budget setzt sich zusammen aus verschiedenen, aus verschiedenen Sachen, also aus Taschengeld und Zulage für, äh für die, für die Wohnung gibts auch eine gewisse Zulage - wenn man sich was anschaffen will, so Kleinigkeiten, es setzt sich zusammen und das wird von der Kibbuzzentrale in Tel Aviv bestimmt, und man kann ein bissel abweichen, ja, und das und die z/ und das is, sagen wir im Jahr dreit/ im ganzen Jahr dreitausend Schekel, da gibt man das in zwei Hälften, eine Hälfte Januar, eine Hälfte im Juli, und dann lässt man noch zurück das Geld für Urlaub, weil man weiß aus Erfahrung, dass die jungen Leute, insbesondere wenns kommt zum Urlaub, ist kein Geld mehr geblieben, also das Geld für den Urlaub - das ist auch so a paar hundert, dreihundert, vierhundert Schekel so etwas - das bekommt man dann erst im August dazu, damit man sicher ist, es soll, es soll sein, ja und da zwei und, und jetzt kommt doch jeden Monat kommt doch der Index dazu, das ist zwar nicht viel, aber es ist auch etwas, und das ist es und gibt Leute, die geben mehr aus, gibt we/ gibt Leute, die geben weniger aus, ich geb immer weniger aus - es bleibt mir immer.

FRAU BETTEN: Aber das bleibt Ihnen und das wird auch übers Jahr übertragen oder wenn Sies im Jahr nicht ausgegeben haben, nein, nein, das bleibt Ihnen.

RACHEL: Das bleibt, bleibt von einem Jahr aufs andere und so weiter.

FRAU BETTEN: Dann ist es doch eine Art privates Sparkonto, was man dann da hat?

RACHEL: Ja, ja, ja, ja.

FRAU BETTEN: Ja, ja, ja , und wer sparsam ist, bei dem häuft sich was

RACHEL: Ja, ja.

FRAU BETTEN: an und der andere -

RACHEL: Und wer, wer nicht, dem wird gesperrt das Konto und dann bekommt er nur eine minimale Summe, eine festgelegte minimale Summe, dass er sich ja ein Stück Seife kaufen kann in so einem Laden oder n Kaffee oder irgendwie, aber er kann keine großen Sprünge machen .

FRAU BETTEN: Mhm, mhm. Na, das is ja auch dann gerecht, ne?

RACHEL: Ja, ja, ja, bis er wieder heraus is davon.

FRAU BETTEN: War das von Anfang an so oder hat man da sehr viele Veränderungen in der Zwischenzeit

RACHEL: Oh, das hat sich geändert, oh hat sich geändert

FRAU BETTEN: Ja, ja, ja, ja.

RACHEL: von einem Extrem ins andere.

FRAU BETTEN: Ja.

RACHEL: Aber so wie es jetzt ist, ist es schon e/ ist es schon etliche Jahre.

FRAU BETTEN: Mhm *5* . Jetzt, Sie haben ja in innerhalb der Kibbuzverwaltung beziehungsweise Ihres Postens jetzt da im Sekretariat, haben Sie a ganze Reihe weiterer Aufgaben, die recht interessant sind, also zum Beispiel hatten Sie vorhin gesagt, Sie haben mit den Freiwilligen zu tun.

RACHEL: Jeder Freiwillige äh wird doch geschickt von, von eim/ von der O/ von zwei Organisationen, und da muss er ha/ und an den Tagen, wenn ich nicht da bin - dann wartet man bis ich eben ja da bin, also das ist zwei, drei Tage später, kommt er an mit seinem Pass und mit seine Papiere und ich schau mir an den Pass und ich schau ihn mir an, unterhalt mich a bissel mit ihm - und dann hab ich so Formulare, die er ausfüllen muss und dann -

FRAU BETTEN: Wo kommen Ihre Freiwilligen her?

RACHEL: Überall, jetzt Amerika,

FRAU BETTEN: Aus allen Ländern.

RACHEL: England, England gibt viele Arbeit/ ist a große Arbeitslosigkeit, kommen sie her, um die Zeit zu überbrücken, aber sie kommen nicht her, weil sie irgendwie interessiert sind an Israel - das ist ihnen ganz egal, sondern - es liegt zwischen Indien und Ägypten oder irgendwie - man tanzt in der Welt herum, also und die können heute sagen, eh kann einer kommen und sagen, er bleibt für drei Monate - und dann hat er si/ hat er sich irgendjemanden angelächelt und man beschließt, man geht nach Ägypten also und dann, dann gehn sie wieder weg, es ist überhaupt kein *4* motivation, keine *6* äh überhaupt kei/ kein besonderes - [SCHIMPFT AUF HEBRÄISCH MIT EINEM KIND DRAUSSEN Irgend a Kind kokettiert mit meinem Fahrrad -

FRAU BETTEN: LACHT Gefällt es ihm?

RACHEL: Und das , nein a Kind, was nich von uns, is das, is s ganze, also äh äh früher haben die Freiwillige, die gekommen sind, haben sie viel mehr Interesse gehabt.

FRAU BETTEN: Ja, sicher.

RACHEL: Auch am Kibbuz selber.

FRAU BETTEN: Ja.

RACHEL: Waren noch interessiert zu Familien zu kommen, wollten, wollten sozusagen adoptiert werden, unter Anführungszeichen, nat/ natürlich. Heute, das interessiert sie überhaupt nicht, die gehen weg und wissen gar nicht amal, wer, wer, wer, wer hier lebt und was sie da und was a Kibbuz is -

FRAU BETTEN: Ach?

RACHEL: Das is ganz was anderes, und dann

FRAU BETTEN: Sagn Sie mal, wann hat das mit den Freiwilligen angefangen?

RACHEL: Sechs- Tage- Krieg.

FRAU BETTEN: Sechs- Tage- Krieg.

RACHEL: Aber damals waren das Freiwillige, die helfen wollten und wie, wir haben bekommen so viele Anfragen, dass, man konnt sich gar nicht helfen, und die meisten waren von Deutschland.

FRAU BETTEN: Ham, ham Sie sofort welche von Deutschland genommen oder gab’s da eine große Sperre?

RACHEL: Äh, ich hab , ich ka/ ich kann mich noch erinnern, die erste Gruppe, die wir bekommen haben - erst mal waren sie alle so bleichgesichtig so - es war zwar Winter, nein, es war nicht Winter, es kann nicht Wi/ es war Sommer, weil, weil, weil Sechs- Tage- Krieg war doch im Mai, die warn so bleich im Gesicht - ich hab, ich hab mir nur gedacht - haben die einen Mut, weil, gut, es ist die nächste Generation, aber trotzdem s ist schon a paar Jahre her ja, neunzehnsiebenundsechzig, äh herzukommen zu den Juden und die ham doch ja noch gelernt in der Schule, und so weiter, also, und die waren herrlich, die waren - die waren, übrigens dieser Professor oder noch nicht Professor, der in Wien unterrichtet, ist gekommen mit einem von diesen Gruppen, er war ei/ der einzige Wiener mit vern/ in einer deutschen Gruppe, hat sich angeschlossen für ihn war das wichtig gewesen, ja.

FRAU BETTEN: Die Frau Haecker sagt, Sie war einundsechzig oder zweiundsechzig in einer der ersten Gruppen überhaupt, also ich bilde mir immer ein, ich hätte in meiner Schulzeit auch schon davon gehört, und frag mich jetzt oft, warum hast du’s eigentlich damals nicht - realisiert

RACHEL: Sühnezeichen, Sühnezeichen

FRAU BETTEN: Aber ich ha/ ich hab zweiundsechzig Abitur gemacht und wenn ich jetzt hör, dass das so spät angelaufen ist und habs vielleicht

RACHEL: angelaufen später, aber Sühnezeichen, Sühnezeichen also das heißt, dass sie, die ham sich genannt Sühnezeichen, weil sie wollten wirklich und

FRAU BETTEN: Aktion Sühnezeichen, ja.

RACHEL: Das war fü/ nein zweiundsechzig kann ich nicht sagen.

FRAU BETTEN: Noch nicht -

RACHEL: Ich wie/ nein, ich weiß unsere erste Gruppe war, glaube ich, siebenundsechzig, siebenundsechzig - und ich hab mir nur gedacht - ham wirklich, ham die einen Mut, weil ich weiß, ich wär nicht gekommen an ihrer Stelle, und sie ham auch schwere Arbeit gehabt, sie sind ange/ angepöbelt worden, angestänkert worden. Äh, wir waren, mein Mann und ich wir wa/ wir waren, wir waren vielleicht zwanzig Jahre die Verantwortlichen überhaupt für Freiwillige, für Gruppen, und insbesondere für - nur, nur die, für die deutsch sprechen, weil mein Mann hat Probleme gehabt mit anderen Sprachen, und so haben wir gehabt Gruppen also - Deutschland, Schweiz, Holland alles was deutsch spricht, sogar Dänemark, die haben deutsch gesprochen, und wir haben oft müssen uns einmischen mit den, mit den Mitgliedern mit denen zu sprechen, wie bed/ wie be/ wie benimmst du dich - wie, man hat denen manche Sachen gesagt, aber sie waren vorbereitet, sie waren vorbereitet, die haben gewusst, dass es passieren wird, und äh dann haben wir viele Gruppen bekommen und, und es waren auch damals die Deutschen waren in der Mehrzahl, das waren ja - überhaupt viele Deutsche gekommen, aber ihr - sie wa/ also sie waren nicht in Gruppen, nicht, nicht unter - unter dem, aus dem Grund, weil sie wollten gutmachen, sondern - vielleicht ja, aber nicht, nicht eine organisierter Form, und waren solche herrliche, herrliche Menschen dabei, wirklich herrliche, mit vielen haben wir noch jahrelang Kontakt gehabt und wir sie besucht dort und was nicht. *7*

FRAU BETTEN: Und jetzt sind nicht mehr so viele da?

RACHEL: Deutsche überhaupt nicht -

FRAU BETTEN: Überhaupt nicht?

RACHEL: Überhaupt nicht, wenn sich mal einer verläuft, ist es

FRAU BETTEN: Ja

RACHEL: Zufall, keine Schweizer, keine Deutschen, keine Holländer, überhaupt nicht - was jetzt wirklich kommt, sind Engländer weil, weil, weil dort ist große Arbeitslosigkeit, Thatcher! Miss Thatcher.

FRAU BETTEN: Werden denn die jetzt - die, die sich melden für die, für Kibbuzim - we/ werden die von der Kibbuzbewegung verteilt oder melden die sich direkt hier?

RACHEL: Nein, nein, nein, nein dürfen wir nicht, dürfen wir nicht. Es gibt ein Büro in Tel Aviv - und das ist nicht, nicht im selben Haus, wo ich arbeite, weil das nicht gut ist, das ist ein extra Büro, dort geht man hin, es steht draußen Volunteer- Desk Kibbuz- Organisation und dort geht man hin und, und die wieder, die dort bekommen von den Kibbuzim, wir können brauchen drei, zwei Jungens oder Mädels oder fünf lauter Jungens oder so - und so weiter, und die schicken sie dann - geben ihnen mit einen - bezahlen dort die Versicherung, muss sein, das heißt Versicherung für Spitalsaufenthalt, auch wenn sie ham eine andere, eigene Versicherung, damit wir keine Probleme haben, wenn wir das Geld zurückbekommen wollen für Spital, kann doch sein, kommt Krankenkassa und so weiter, werden sie hier versichert, ääh, und die kommen dann her mit einem Zettel, auf den verlang ich sofort, dann weiß ich, dass sie dort waren - da, dass sie - und da und es steht drinnen, dass äh, dass sie, gesund sind, dass sie keine chronischen Krankheiten haben, wie es nicht immer stimmt es aber - und die Versicherung selber wi/ wird dann nachgeschickt, und die wissen ja und dann ham wir einen Umschlag - auf dem Umschlag is genau aufgeschrieben welchen Bus sie zu nehmen haben und wie man hierher kommt, das ist es.

FRAU BETTEN: Ich hab zum Beispiel in Daljia gehört, dass man sich dort zunächst sehr gesträubt hatte gegen deutsche Freiwillige und - dass einige das dann doch durchgesetzt haben aber, dass keine Gruppen kommen dürfen, nur einzelne

RACHEL: Mhm, mhm. Verschieden - bei uns hat man sich auch sehr gesträubt und es war sogar so gewesen, dass einige gesagt ham, wenn herkommen Deutsche gehn w/ ge/ geht er weg vom Kibbuz, aber sind alle, sind noch alle da, das heißt -

FRAU BETTEN: Ja, ja, das waren natürlich auch Berichte über die Anfänge -

RACHEL: Ja, ja.

FRAU BETTEN: Nicht, und die haben auch gesagt, das ist sehr gut gegangen, dann.

RACHEL: Ja, ja, ja, ja, ja -

FRAU BETTEN: Hm -

RACHEL: Ja, ja. Da sind irgendwelche Gäste, Gäste hier oben, weil ich kenn doch alle Kinder vom Kibbuz, ja.

FRAU BETTEN: Ja sicher.

RACHEL: Und - das dreht sich auch herum bei die Fahrräder, weil die wissen noch gar nicht amal, dass a - [ZU DEN KINDERN DRAUSSEN] Lo, lo! (= hebr. "Nein, nein!") [WIEDER ZU FRAU BETTEN] Entschuldigung.

FRAU BETTEN: Nein, nein, nein.

RACHEL: Ja, noch etwas, Kinder von Gästen glauben, dass wenn hier Fahr/ a Fahrrad steht, kann man, kann man draufsteigen und wegfahren auch, ist mir schon passiert, ist mir schon passiert, ja - nur zufällig hab ichs gesehen, das Kind wollt da draufsteigen.

FRAU BETTEN: Ja, äh das ist also jetzt einer - der, der größeren Teile Ihrer - na größeren, ein Teil, Ihr regelmäßiger Teil Ihrer Arbeit gewesen, aber da kommen noch ne ganze Reihe mehr Sachen dazu, was haben Sie sonst für Aufgaben dort?

RACHEL: Wo? Hier?

FRAU BETTEN: Jetzt hier, hier im Kibbuz.

RACHEL: Bin doch pensioniert.

FRAU BETTEN: Aber wenn Sie dort sitzen, was kommt an Sie heran, Sie sitzen doch noch a paar Tage da?

RACHEL: Na gut, na aber ich arbeite doch nicht so viele Stunden nein .

FRAU BETTEN: Ja, ja, also, dann sind Sie -

RACHEL: Briefe fast nicht mehr, weil das macht man mit dem Computer -

FRAU BETTEN: - ja, ja hm.

RACHEL: Freiwillige und dann zum Beispiel jetzt ist eine neue Sache, ich habs au/ a/ de/ die Steuern für die Krankenkasse für den ganzen Kibbuz, muss ich diese Aufstellungen machen, dann geb ich das rüber in die Buchhaltung und die schicken den Scheck, und jetzt kommt eine neue Sache heraus, dass die/ diese, diese Bücher, diese kleinen Bücher für die Krankenkasse wa/ was man mitnehmen muss, wenn man geht, sagen wenn man in ein Spital oder irgendetwas - und drinnen waren die Marken, die man eingeklebt hat - oder ich eingeklebt hab und das eine Marke das fürs ganze Jahr bezahlt worden ist, ja, also das wird jetzt ausgewechselt auf, auf ma/ magnetischen Karten, und die brauch ich, heißt, da hab ich scho/ schon - gibt doch eine Kibbuzzeitung. Ah! Ich war ungefähr zwanzig Jahr in der Redaktion von der Kibbuzzeitung, das hab ich vergessen.

FRAU BETTEN: Zwanzig Jahr

RACHEL: Ja, so ungefähr achtzehn Jahr - in der Redaktion von der Kibbuzzeitung, das hab ich vergessen, geschrieben.

FRAU BETTEN: Hja.

RACHEL: Nicht nur geschrieben, auch verfasst und auch, das war noch in d/ wie ich noch in der Bibliothek war, nebenbei, äh hab ich jetzt in die Kibbuzzeitung zweimal hereingegeben, dass die Leute sollen bitte mir bringen zwei Fotografien von jetzt, bunte, von jetzt, ich will ja für sie herausnehmen neue - neue Karten, ja, und erklärt wie das funktioniert, no gut. Jetzt kommen sie langsam aber sicher, aber die ältere Generation kapiert das nicht, und die wollen überhaupt wissen, was ich von ihnen will, man muss ihnen ein Muster zeigen, weil für die jungen Leute, ganz jungen die zum Militär gehen - und die erste, die hab ich schon mit dieser Magnetkarte drinnen, muss ich ihnen erklären und so weiter, wozu ist das gut, also das auch so nebenbei.

FRAU BETTEN: Das die, sie sind alle gleich krankenversichert, gibts da für die ?

RACHEL: Nein, nein, nein.

FRAU BETTEN: Nein.

RACHEL: Nein, nein die Rentner zum Beispiel - aber ich hab gesehen, das sind Unterschied, ich hab das ausgerechnet, das ist minimal, Rentner heißt eigentlich halb versichert, obwohl die Rentner vielleicht viel mehr die Krankenkassa brauchen mit die verschiedenen Krankheiten und dabei ist es gar nicht halb versichert, das ist vielleicht zwanzig Schekel weniger als für die anderen, also das ist minimal, aber es gibt

FRAU BETTEN: Aber es ist das

RACHEL: verschiedene

FRAU BETTEN: alles bei der allgemeinen Krankenkasse?

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: Ich hab mal gewusst, wie sie heißt

RACHEL: Es gibt andere.

FRAU BETTEN: ich hab da jem- ja

RACHEL: ja, es gibt andere, die sind bei der allgemeinen, weil

FRAU BETTEN: äh - bei der

RACHEL: das ist die Gewerkschaft, ja, äh das

FRAU BETTEN: allgemeinen, die Gewerkschaft ist das,

RACHEL: ist auch mein Job dazu, ja, das kommt noch so dazu, ich war immer sehr beschäftigt, ich habs gern gemacht.

FRAU BETTEN: Das sind jetzt die Tätigkeiten, die Sie als sogenannte Rentnerin bloß mal haben - wie h/ und wie hat das als Sie noch voll tätig waren und da übergewechselt

RACHEL: Ich habe da mehr

FRAU BETTEN: sind ausgesehen

RACHEL: Stunden gearbeitet ,

FRAU BETTEN: ja, ja sicher, was kam da alles noch

RACHEL: ich hab mehr Stunden

FRAU BETTEN: dazu wa/ an was hat man

RACHEL: gearbeitet, jetzt - wa/ nein das waren Aufgaben hier und dort, aber mit den Freiwilligen, me/ mein Mann und ich, wir haben sie doch betreut als, äh auf Volontärbasis, das heißt - nach unserer - gut, wir sind auch während der Arbeitszeit mal weggelaufen, wenn irgendwas Dringendes war, aber das war unser Hobby. Wir haben hier, zum Beispiel hier in der Wohnung haben wir gehabt manchmal fünf, sechs, sieben Freiwillige zum Kaffee und ham uns mit ihnen unterhalten, also über Kibbuz und über Israel und über Antisemitismus und über die Verfolgungszeit, und was sie eben sprechen wollten, ja - und da haben wir, das war jeden Tag, was gehabt und haben wir ihnen - das war mein Job gewesen - Ausflüge organisiert, so alle drei Wochen oder etwas - a Ausflug irgendwohin oder zum Baden ans Meer und Vorträge am Abend, ganz fort, in der ganzen Gruppe oder mit allen Freiwilligen, die deutsch sprechen und da hab ich - ich halte keine Vorträge, sondern eben nur Fragen und Antworten, also was sie genau interessiert, äh also, und das, das war viele Jahre ungefähr zwanzig Jahre, d. h. - eigentlich bis mein Mann gestorben ist, ja, wie er gestorben ist, ich hab aufgehört damit, vollkommen, nicht nur dass er, ich, ich auch - wie er noch gelebt hat, ich hab gesagt, es ist mir zu viel, ich will nicht mehr. Ich will nicht mehr, dabei sind noch wenige Deutsche gekommen damals, er ist doch jetzt viereinhalb Jahre tot, sind noch wenige Deutsche gekommen und diese wenigen natürlich auch zu uns, und es waren solche, die mehr, und mal solche, die weniger und irgendwie, es war mir schon zu viel, weil es hat mir so viel von meiner Freizeit weggenommen, die ich doch trotzdem auch für mich haben wollte, und oft war auch - ich will nicht sagen Undankbarkeit. Wir wollten ja nichts haben, wir wollten nur einen interessanten Gesprächspartner, das war eigentlich für den Kaffee und Kuchen, dass man sich auch - damit und dass man sich auch unterhalten kann und manchmal waren solche gewesen, die wirklich gekommen sind zum Kaffee und Kuchen, aber die Unterhaltung, die, das haben sie schon, das war schon nicht mehr das Thema, ja. Oder sie haben sich mitgebracht noch Amerikaner oder irgendwas - man hat sich hier unterhalten untereinander und wir haben dürfen bedienen, also es waren manchmal Sachen, die schon nicht mehr sympathisch waren, und wie er gestorben ist, weil ich doch schon sowieso aufhören wollte und ich nicht aufhören konnte wegen ihm, hab ich gesagt, cut.

FRAU BETTEN: Macht das jemand anderes jetzt oder ist das - nein, aber es hat sich, wie Sie gesagt haben, ja auch verändert .

RACHEL: Auch. Das hat -

FRAU BETTEN: Das hat sich sehr verändert, da is nicht mehr die

RACHEL: sich - nein das hat sich verändert, die wollen gar nicht, es war einmal -

FRAU BETTEN: Motivation da und das ist mehr so ein Jugendtreffen

RACHEL: nein, nein es war einmal - es war einmal, dass man gefragt hat die Freiwilligen, ob sie interessiert wären Familien äh Familien zu denen sie kommen könnten zum Kaffee - die Liste war leer.

FRAU BETTEN: Hm.

RACHEL: Interessiert sie gar nicht, und früher, früher da haben sie, es war eine von die ersten Sachen, dass, sie be/ ob man bekommt eine Familie. Wir haben immer, wir haben schon immer gewusst, zu wem wir schicken können, nicht nur einen, auch zwei oder drei - man hat doch zu unserer Zeit bekommen, zeitweise auch bekommen a Zulage, so für Kaffee, nicht immer, also von dem ist man nicht äh reich geworden, ja, aber das war für sie wichtig, kennen zu lernen Familien, ja, auch junge Familien, dann ist es, sagn ma auf Englisch gegangen, jetzt.

FRAU BETTEN: Kommen eigentlich aus Amerika oder aus anderen Ländern

RACHEL: Kommen auch.

FRAU BETTEN: junge Juden rüber, die sich den Kibbuz anschauen, um vielleicht,

RACHEL: Lieber nicht, lieber nicht.

FRAU BETTEN: um vielleicht einzuwandern?

RACHEL: Lieber nicht!

FRAU BETTEN: Warum?

RACHEL: Mit denen ist nix anzufangen, sie haben die Arbeit nicht erfunden.

FRAU BETTEN: LACHT Jetzt muss ich mal fragen, Sie haben vorhin aber auf dem nicht aufgenommenen Teil unseres Gespräches, leider, da haben Sie gesagt, Ihre eigenen Kinder haben den Kibbuz verlassen, wenn Sie’s gewusst hätten, hätten Sie zwei mehr bekommen LACHT -

RACHEL: Ja, ja, ja.

FRAU BETTEN: damit vielleicht jemand geblieben wär. Was sind da die Gründe gewesen und das sind ja sicher viele gewesen?

RACHEL: Bei meiner Tochter, bei meiner Tochter hab ich gewusst, schon als Kind, dass sie wird nicht bleiben im Kibbuz. Sie ist ein Typ, sie ist Indi/ Individualist, ganz einfach. Als Kind ääh - gut, hat sie müssen mittanzen wie, wie alle anderen, aber ich hab immer das Gefühl gehabt, sie bleibt mir nicht im Kibbuz, und ääh, nach dem Militär, nach dem Militär ist sie auch drei Jahre oder vier Jahre nach England. Meine Schulkollegin von Wien bei ihrer Familie war sie dort gewesen als Au- pair, gegangen ins College und dann, wie sie zurück geko/ nein, aber da ist sie schon ausgetreten, ist ausgetreten äh am Ende vom Militär, weil jeder muss doch gehen zum Militär und dann ist sie nach England und wie sie zurückgekommen ist, drei Tage später, hat sie begonnen, bei ELAL zu arbeiten, wo sie heute noch ist, und so, ist schon fast zwanzig Jahre, fliegt, fliegt in der Welt herum, begonnen hat sie - das war, das war meine Protektion, durch einen Bekannten von mir. Ich hab gesagt, meine Tochter kommt zurück von England und so weiter. Und dann war sie schon drinnen, zuerst als Bodenbesetzung zwei, drei Monate - und dann war sie, glaube ich, zwei Jahre äh V. I. P., die Betreuung von wichtigen Personen, da hat sie den Führerschein müssen machen, weil das notwendig war, weil man am Flugplatz ja auch mit, mitn Auto sich - und dann ist sie eben in der Luft und fliegt noch, und sieht prima aus, nicht verheiratet - ja, das ist meine Tochter.

FRAU BETTEN: Spricht Ihre Tochter auch deutsch? Haben Sie mit der -

RACHEL: Nein, nein.

FRAU BETTEN: nicht deutsch gesprochen wie sie klein war?

RACHEL: Nein, nein, nein, nein. Wir waren, ich hab meine, ich hab meine Kinder gegen Deutschland erzogen, deswegen war es ein Problem mit meinem Sohn, wie ich ihm nachher gesagt hab, geh nach Deutschland, du kannst dort lernen. Hat er gesagt, du schickst mich nach Deutschland? Du hast doch selbst gesprochen, nie, nie wieder Deutschland, also das war ich hab, die Erziehung war gewesen gegen Deutschland, gegen Österreich, gegen, gegen, ja. Das war noch alles vorher, bevor die Gruppen gekommen sind.

FRAU BETTEN: Sagen Sie vielleicht was dazu, wie sich bei Ihnen selber doch a bisschen die Einstellung geändert hat ?

RACHEL: Hat sich geändert, sehr geändert. Ich hab jetzt - ich hab gesehen die Leute

FRAU BETTEN: Ja, ja, ja. Ja, ja, ja.

RACHEL: ham sich bewiesen, erstmal die junge Generation kann ja wirklich nichts dafür,

FRAU BETTEN: Ja, ja, ja, ja.

RACHEL: so wie die. - Das ist die ganze Sache mit dem Deutsch, ich, was ich immer gesagt hab, warum hab ich nie aufgehört deutsch zu sprechen, die deutsche Sprache kann nichts dafür, das, das war mein, mein Motiv gewesen, wenn man gesagt hat, wie kannst du deutsch sprechen! Die Nazis und du weißt doch, hab ich gesagt, stimmt alles, aber die deutsche Sprache kann für nix dafür und deswegen hab ich immer, war ich immer für, für Deutsch und deutsche Kultur und so weiter, weil die an nichts, da nicht schuldig

FRAU BETTEN: Aber doch nicht bei Ihren Kindern? [TÜRKLINGEL]

RACHEL: Aber - nein, nein. [UNTERBRECHUNG DER AUFNAHME]

FRAU BETTEN: Sind das dann mehr oder wenig - [UNTERBRECHUNG DER AUFNAHME]

RACHEL: Deutschland, sehr gemischte Gefühle, sehr gemischte Gefühle, aber mit denen ich zusammengekommen bin, mit diesen Deutschen, die warn alle - wirklich, wirklich in Ordnung und ham uns gezeigt und, und ich war inzwischen vielleicht schon zwanz/ nicht zwanzigmal, aber so fünfzehnmal war ich schon in Deutschland gewesen inzwischen, weil doch mein Sohn inzwischen dort war, und ich bin jedes Jahr hingefahren.

FRAU BETTEN: Und Sie haben gesagt, dem Sohn haben Sie sogar selbst geraten, er soll das annehmen?

RACHEL: Ja, die Sache war die, ich hab für ihn, ja, also meine Tochter ist, wie gesagt, nach E-. So fangen wir an, meine Tochter ist also ins College und nach, dann nach England, ist gegangen auch ins College, hat Englisch gelernt endlich einmal und zurückgekommen, gut Englisch, hat begonnen bei ELAL zu arbeiten und das war ja wichtig. Mein Sohn war in der Schule, ist zum Militär, Sechs- Tage- Krieg, ja und dann hab ich die Gelegenheit gehabt durch, ich will da nicht weiter eingehen, weil das nicht dazu - , dass er kann in Deutschland lernen, was will er überhaupt lernen und da hat er gesagt äh Elektrik, das war, Elektronik war noch gar nicht, Elektrik er hat immer schon. Ich hab müssen damals den Elektriker bei uns ersuchen, meinen Sohn aufmerksam zu machen, wie gefährlich das is, weil er sich immer rumgespielt hat mit elektrischen Sachen und ich hab Angst gehabt, amal passiert was, und dann hab ich ihm gesagt, also liebes Kind, du kannst gehn nach Deutschland lernen. Ich hab da für dich einen Platz, man hat für dich einen Platz gefunden, die dich ausbilden wollen in Elektrik oder Elektronik, ich weiß noch nicht den Unterschied und du lernst auch dort Deutsch und zuerst hat er gesagt, was fällt dir ein, wie kannst du mich überhaupt nach Deutschland schicken und wie, du hast mich doch erzogen gegen Deutschland und so weiter. Sag ich, weißt du was, fahr amal und schau dir das an, und da hat er vom Kibbuz Urlaub bekommen, weil doch nachm Militär war und Krieg und verdient und er ist herumgefahren, aber auch in Deutschland gewesen und dann ist er zurückgekommen und hat gesagt, er ist bereit.

FRAU BETTEN: Hm -

RACHEL: Und er hat gelernt Mess- und Regeltechnik, ich weiß, was das ist?

FRAU BETTEN: Mein Vater gemacht -

RACHEL: Ja und -

FRAU BETTEN: Ich weiß auch nicht, was es ist.

RACHEL: Macht nix, und er hat gelernt Deutsch auf zwei Stellen, das heißt, es war gewesen eine Art Goethe- Institut dort und außerdem noch bei einer Privatlehrerin, weil das haben alle die bezahlt und er war, ein halbes Jahr hat er gearbeitet dort in dieser Firma, die ihn, die ihn protegiert hat und dann hat er richtig gelernt und war in einer deutschen Berufsschule in Mannheim. Er hat gelernt in Meinheim, Meinheim- Heidelberg- Mannheim, dieses Dreieck, ja -

FRAU BETTEN: Hm -

FRAU BETTEN: Er ist heute, er, inzwischen ist er umgestiegen auf, auf Computer, er ist nicht Ingenieur, er ist nicht Ingenieur, aber er ist die Stufe zuvor, und er hat und jetzt kommt die Sache, er hat a Mädel kennen gelernt, die dann zum Judentum übergetreten ist und äh mit ihr, und er wollte immer zurück nach Israel und dann ist doch nicht gegangen, dann hat er plötzlich eine wirklich, eine Idee gehabt, er hat ungefähr zwanzig Familien nach Israel gebracht, gemischte Familien, gemischte, also, eben nicht Juden, das heißt Frauen oder Männer, die zum Judentum übergegangen sind, aber der andere Ehepartner ist von Israel, hat sie alle nach Israel, außer einer Familie, die zurückgewandert ist, leben sie alle in Israel, das hat er gemacht noch - der, der hat überhaupt gern solche Jobs, der ist für so, er fährt jedes Mal sie noch besuchen, zum Teil sind sie in einem Kibbuz, zum Teil in einem Moschaw, zum Teil privat und dann ist die Ehe geplatzt, und dann ist er ausgetreten von dieser Organisation, weil das war nur für Familien gewesen. Einzeln hat gar keinen Sinn und dann ist die Ehe geplatzt und ehrlich gesagt, äh ich weiß es n/ er weiß es, auch er war dran Schuld, weil er viel zu viel sich engagiert hat mit allen möglichen Sachen und für seine Familie gar nicht genug Zeit gehabt hat und seine Frau hat gesagt, das gefällt ihm nicht, und wie dann die Scheidung ausgesprochen worden ist, ist er zurück nach Israel und das ist jetzt, s war jetzt im Februar zwei Jahre *4* und da hat er, hat schon einige Stellen gewechselt, aber nicht weil man ihn nicht wollte, sondern er wollte irgendwie anders und so weiter. Und er arbeitet bei, bei Computer und jetzt arbeitet, hat er neu angefangen bei einer Firma Computer, verkauf Programme nach Deutschland, weil er will arbeiten in Deutsch/

FRAU BETTEN: Hm.

RACHEL: und auch mehr Gelegenheit haben zu kommen nach Deutschland, die Kinder zu sehen, und mit die Kinder ist der Kontakt äußerst schwach, gar nicht gut, und die Mutter hält sie auch nicht genug an - also ja.

FRAU BETTEN: Haben Sie Ihre Enkelkinder öfters besucht in der Zeit, wo der

RACHEL: Ja, aber auch

FRAU BETTEN: Sohn dort war?

RACHEL: ja, ja, ja, wie er dort war, hab ich die Kinder immer gesehen. Na, ham wir sie übers Wochenende genommen oder manchmal war gewesen, dass ich hab sie allein genommen, war mit ihnen beisammen gewesen und da ist doch kein Problem, Problem der Sprache. Äh es war nicht richtig, es war nicht wie eigentlich sein sollte Großmutter mit Enkelkinder, weil wenn ich sie einmal im Jahr sehe, und wenn dreimal im Jahr eine Karte kommt, liebe Sawta (Großmutter), wie geht es dir, mir geht es gut, deine Nomi.

FRAU BETTEN: Hm.

RACHEL: Ja, das is alles, was sie schreiben, dabei die Nomi, das ist die jüngere, die schreibt schon mehr, weil die ältere, die anderthalb Jahre älter ist, die heißt Sarah, die schreibt auch das nicht, und die schreibt nicht einmal Sarah dran, so is es also der Kontakt is sehr schwach, sogar wenn ich ihnen geschrieben hab, haben sie mir geantwortet, danke für den Brief, mir geht es gut, geht es dir gut? Nomi. Da kommt nicht viel heraus, das is es.

FRAU BETTEN: Waren die Kinder hier?

RACHEL: Ja, wie Sie kleiner waren, wie sie kleiner waren und er noch in Deutschland sind sie hier - also einmal im Jahr ganz bestimmt, einmal im Jahr ganz bestimmt.

FRAU BETTEN: Hm -

RACHEL: Äh jetzt, äh die Mutter lässt sie nicht fahren, sie hat Angst, sagt sie, nein, die Kinder haben Angst, aber sie hat Angst, na gut, unruhig ist es ja hier. *4*

FRAU BETTEN: Hat Ihr Sohn Ihnen hinterher noch mal Vorwürfe gemacht, dass er gesagt hat, du hast mich ja schließlich da hingeschickt ?

RACHEL: Nein, nein, nein, aber ich hab mir, ich hab, ich hab ihm gesagt, wenn ich gewusst hätte, dass er wird siebzehn Jahre in Deutschland bleiben, er ist doch Israeli durch und durch, wissen Sie, was er jetzt gemacht hat auf der Universität neben der Arbeit? - Einen Kurs Reiseführer in Israel für deutsche Gruppen.

FRAU BETTEN: Hm.

RACHEL: Für deutsche Gruppen, er ist so begeistert von dem Land, er liebt das Land so heiß, für ihn ist das Wichtigste hier im Land zu leben und eben auch anderen Leuten zu erklären, jetzt macht er als Hobby, nicht mit Gruppen, sondern mit Familien fährt am Samstag mit zwei, drei Familien irgendwohin, erklärt ihnen das Land, ja, Gruppen sind nicht so und dann ist wieder die Sache, er hat jetzt einen neuen Posten. Ein Gruppe muss er wieder weg sein, also das geht auch nicht gut, aber er hat das gelernt - er hat doch Diplom, ja. [UNTERBRECHUNG DER AUFNAHME]

FRAU BETTEN: So, in der Zwischenzeit sind wir eine Person mehr - Herr Stern ist zu uns gekommen und vielleicht können wir da mal ein kleines bisschen - einen neuen Abschnitt anfangen. - Herr Stern, seit wann leben Sie im Kibbuz, Sie werden mir zwar auch noch von Ihrem Leben berichten, aber, Sie sind ja noch

S3: Ja, ich

FRAU BETTEN: nicht solange hier?

S3: ich bin vor drei Jahr, im April war es drei Jahr, dass ich gekommen bin hierher.

FRAU BETTEN: Und wie haben Sie sich dazu entschlossen? Das war hauptsächlich Ihre Tochter?

S3: * Äh. D. h., äh die Tochter und auch die Freundin, das ist die Frau Rahel Beck. LACHEN .

FRAU BETTEN: LACHT Ja, nein, nein, also, sie darf, es ist ja jetzt für, für - offen - für alle LACHT

S3: Ja. LACHEN .

FRAU BETTEN: Und das ist so einfach möglich heutzutage, dass man dann in d/ als E/ sind Sie jetzt als Eltern oder in welcher Funktion sind Sie jetzt im Kibbuz?

S3: Ich bin als Pensionär, leb ich im, im Kibbuz.

FRAU BETTEN: Ja, hätten Sie auch rein gekonnt ohne Tochter?

RACHEL: Nein.

S3: Nein, nein -

RACHEL: Nein, nur wenn de/ er hätte hereinkommen können ohne Tochter, weil ich hätte gesagt, er wird mein Lebensgefährte.

S3: Wenn - ja, wenn mich meine Freundin angefordert hätte.

FRAU BETTEN: Aha - LACHEN , aber das haben Sie dann nicht gemacht?

S3: Nein, nein.

FRAU BETTEN: Sie haben sich von Ihrer Tochter anfordern lassen offiziell.

S3: Sehr richtig, sehr richtig.

FRAU BETTEN: Aha, LACHT , wie haben Sie äh das Kibbuzleben - . Wir haben ja nun über viel frühere Phasen gesprochen, jetzt, die Frau Beck und ich.

S3: Ja -

FRAU BETTEN: Wie haben Sie es empfunden, wie stehen Sie zum Kibbuz, Sie sind ja früher selber nicht reingegangen?

S3: Nein, ich äh ich stehe ganz gut, wenn es nicht so heiß wäre -

FRAU BETTEN: Hm.

S3: wäre es noch angenehmer, aber ich arbeite noch immer vierahalb, fünf Stunden im Kibbuz, in der Fabrik Plast/ das heißt in der Plastikfabrik und das ist es.

FRAU BETTEN: Da hab ich jetzt noch gar net nach gefragt, vielleicht Frau Beck oder Herr Stern könnt man das noch mal ergänzen, wie hat sich speziell dieser Kibbuz in den ganzen Jahren wirtschaftlich überhaupt also getragen? Des, Sie haben mal erzählt, am Anfang war die Marmeladenfabrik, die ist dann wieder geschlossen worden, da sind ja sicher sehr viel Experimente gemacht worden?

RACHEL: Nein, nicht einmal, nicht einmal

FRAU BETTEN: Nicht - nein?

RACHEL: Die Marmeladenfabrik ist geschlossen worden, weil die ist ja wirklich einfach pleite gegangen. Man hat noch mal den Versuch gemacht, der auch nicht gelangen, gelungen ist und dann war sie geschlossen und ist gestanden und ist verkommen und dann ist eben an/ aufgekommen das Projekt, wir brauchen eine Fabrik, um unsere älteren Personen im Kibbuz einen Arbeitsplatz zu schaffen, so hat die Sache angefangen, da hat man geschickt einige Leute vom Kibbuz suchen, suchen irgendetwas im Land, was in Frage kommt. Und viele Sachen, die man gebracht hat, ich erinnere mich an Holz auch und ich weiß was - und da ist man eben gekommen mit dem, was wir machen, diese Wegwerfflaschen und das war eine klein

FRAU BETTEN: Was für Flaschen sind das?

RACHEL: Weg/ Wegwerfflaschen.

FRAU BETTEN: Wegwerfflaschen.

RACHEL: Wie nennen Sie das, Weg werfflaschen ?

FRAU BETTEN: Ist doch ga/ gar nicht mehr - umweltfreundlich - Wegwerfflaschen.

RACHEL: Ja, ja wir sind aber soweit umw/ umweltfreundlich und, äh und die, wir haben aufgekauft eine kleine Fabrik in Bnej Brak, de/ der Besitzer, der sie verkaufen wollte, er hat aber die Leute angelernt, das heißt, man ist dort gesessen ein halbes Jahr oder wie lang und hat gelernt mit den, a/ auf den Maschinen zu arbeiten, dann hat man sie hergebracht. Natürlich diese Maschinen sind schon alle längst nicht mehr da, dort war, dort war die Idee. Und wie du selber erzählt hast diese Woche, waren alte Herren von einem anderen Kibbuz hier im Jordantal, waren sie hier zu Besuch bei uns im Kibbuz und bei ihnen in der Fabrik und haben ihm erzählt, dass sie ganz unglücklich sind, es ist keine Arbeit da für die älteren Leute, also das heißt, ham wir doch wieder mal gut gemacht. Es is ja nicht so die Sache von Einnahme, was ja auch ein, äh wichtig ist, aber das Gefühl, man weiß in der Früh, man steht auf, dass man hat a Arbeit zu machen.

S3: Ja, schön aber - für alte, Leute hat man das gemacht.

RACHEL: Ja.

S3: Aber wie, wie viel alte Leute gibt es überhaupt noch im Kibbuz, die was arbeiten ?

RACHEL: Arbeiten können, ja, ja, ja, ja.

S3: Arbeitsfähig sind.

FRAU BETTEN: Wie viel Leute arbeiten denn in der Fabrik, Herr Stern ?

S3: In der Fabrik arbeiten wir zirka zweiundzwanzig bis fünfundzwanzig ältere Menschen.

RACHEL: Also über, über

S3: Über siebzig.

RACHEL: - ja, über siebzig.

S3: ja, siebzig.

FRAU BETTEN: Und jüngere auch?

RACHEL: Ja, ja.

S3: In der Fabrik arbeiten sechzig Menschen.

FRAU BETTEN: Sechzig Menschen.

RACHEL: Ja.

S3: Ja, in, in Schichten.

FRAU BETTEN: In Schichten, mhm und die älteren Menschen arbeiten, so wie Sie gsagt haben, vier, fünf Stunden noch am Tag oder

S3: vier, fünf Stunden am Tag.

RACHEL: (...)

FRAU BETTEN: So wie sie können gerade ja, hm.

RACHEL: (...)

S3: Ah ja, das s

RACHEL: verschieden,

S3: die älteren Menschen, die, sie müssen nicht arbeiten, der Kibbuz kann sie nicht zwingen zur Arbeit, sie - wenn sie wollen, brauchen sie nicht arbeiten, zum Beispiel - morgen arbeite ich nicht, morgen bin ich beschäftigt.

RACHEL: Ja?

FRAU BETTEN: Ja, aber - aber äh das, das heißt also, jetzt, Sie sind zwar jetzt nicht Mitglied des Kibbuzes, sondern Sie leben hier als, also -

S3: als Pensionär.

FRAU BETTEN: Als Pensionär und das heißt, Sie haben - einzuzahlen in den Kibbuz ?

S3: Ja, ich hab Verpflichtungen.

FRAU BETTEN: Sie, also, Sie zahlen eine monatliche Summe für Miete, Essen, für die Wäsche und alles, was Ihnen hier gemacht wird ?

S3: Ja.

FRAU BETTEN: Und da wird vorausgesetzt jetzt vom Pensionär, dass er dann so lebt wie ein älterer Kibbuznik, dass er also auch diese Arbeiten dann freiwillig mit übernimmt?

S3: Ja, aber ich hab nicht diese Recht/ Rechte hab ich nicht.

FRAU BETTEN: Hm -

S3: Zum Beispiel, wenn ich krank werd, dann muss ich mir alles selber bezahlen, dann -

RACHEL: Nicht kra/ nicht krank, wenn er Grippe hat, dann hat er Grippe, wenn ihm der

S3: Ja, aber wenn

RACHEL: Hals weh tut, du sprichst von chro nischen Krankheiten

S3: a chronisch krank

RACHEL: dann, dann ist unser Altersheim überhaupt nicht verpflichtet ihn aufzunehmen .

RACHEL: verpflichtet ihn aufzunehmen, ja.

RACHEL: Dann muss er sich finden,

S3: Im Altersheim.

RACHEL: auch unterschrieben, das is unterschrieben

S3: ja - das ham se mich auch

RACHEL: Das ist nicht nur - er mit seiner Tochter haben das unterschrieben.

FRAU BETTEN: Mhm.

RACHEL: Ja, ja, es gibt auch andere Sachen, was er nicht das Recht hat, zum Beispiel die Erholung, dass wir dann zusammen fahren, muss er sich selbst bezahlen, weil mir bezahlt es, bekomm ich die Zulage, die man dann wieder wegnimmt und den übrigen Teil bezahlt der Kibbuz, das muss er allein bezahlen, es gibt noch so einiges -


S3: Aja, na ist nicht -

RACHEL: nicht tragisch,

S3: nicht wichtig, nicht tragisch.

FRAU BETTEN: Aber dafür können Sie, Sie haben also einen festen Satz, den Sie bezahlen müssen pro Monat, aber -

S3: Nein, das ist nicht fe/ fest.

RACHEL: Steigt mitm Index.

S3: Das steigt mitm Index.

FRAU BETTEN: Ach so.

S3: Wie der Index steigt -

RACHEL: und manchmal steigt, steigt das mehr wie der Index steigt.

S3: Ja, das heißt - was ich vor drei Jahre bezahlt hab, des bezahl ich jetzt das Doppelte nach drei Jahre, ist das, der Index gestiegen um das Doppelte.

FRAU BETTEN: Und der Index, das wär aber sozusagen landesweit die Inflat/

RACHEL: Lebenshaltungskosten.

FRAU BETTEN: Die Inflation, oder was?

S3: Inflation, ja, ja, ja.

RACHEL: Ja, ja, ja, die - ja, versteckte Inflation.

FRAU BETTEN: Aber, aber Sie können im Gegensatz zu den Kibbuzmitgliedern, Geld, was Sie darüber hinaus haben, Privatvermögen und höhere Einnahmen durch Ihre Renten oder so was, das ist ganz Ihr Geld, das geht keinen was an

S3: Nein, das, das geht niemandn nichts an.

FRAU BETTEN: das geht keinen was an, hm - na ja, und das ist die Basis auf der Pensionäre, also wenn Sie hier Familienangehörige hatten, oder hier mit einsteigen können und hier leben können.

S3: Ja, aber es gibt doch mehrere Pensionäre, die was aus Deutschland eine Rente bekommen.

FRAU BETTEN: Ja.

S3: Die müssen das ja abgeben dem Kibbuz.

FRAU BETTEN: Also auch wenn nur als

S3: die Mit/ die Mitglieder

FRAU BETTEN: Ja, wenn dann - aber die Nichtmitglieder, die Mitglieder müssen abgeben, ja.

S3: Es gibt nicht viel Mitglieder.

RACHEL: Nichtmitglieder meinst du.

S3: Nichtmitglieder.

FRAU BETTEN: Ja, aber, weni -

S3: Wir sind im ganzen äh vier, vier Nichtmitglieder.

FRAU BETTEN: Ach so, mehr, mehr nicht?

RACHEL: Nein, der Kibbuz ist gar nicht mehr so interessiert.

S3: Nein, nein.

FRAU BETTEN: Ach so.

RACHEL: Weil der Kibbuz hat doch

S3: Wenn er auch intere/

RACHEL: Nein, wenn er interessiert wäre, würden sich noch a paar melden.

S3: Nein, wär auch?

RACHEL: Nein, ich wei, ich weiß, sind keine mehr da.

S3: Sind keine mehr da, die wos sich melden möchten.

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: Aha.

RACHEL: Ich hab gesagt, komm.

S3: Ja, sie hat mer zugeredet, und zwar hat sie gesagt, in Tel Aviv, es wird für uns beide gut sein.

RACHEL: Und das hat, und das war das Ende gewesen.

S3: Was vielleicht

RACHEL: das -

S3: hat - ja, das hat vielleicht gezogen

RACHEL: auch.

FRAU BETTEN: LACHT Ja.

S3: Ja, ohne Hände. KLATSCHEN Jetzt hör ma auch was LACHEN .

FRAU BETTEN: Ja, natürlich jetzt hat er einen Klaps bekommen.

RACHEL: LACHEN

FRAU BETTEN: Ja, ja aber LACHEN da -

S3: LACHEN

RACHEL: LACHEN Man hat aber nicht gehört wohin. ALLE LACHEN

FRAU BETTEN: Und was sagen Sie dazu, Sie also, ich mein, Ihr, Ihr Leben bis Sie hierher gekommen sind, das werden Sie mir ja noch separat beichten LACHT

S3: Ja -

FRAU BETTEN: ohne oder mit Frau Beck - weiß ja nicht, wieweit sie informiert

RACHEL: (...)

FRAU BETTEN: is - ohne, ohne, ja gut - ja

S3: ohne, ohne, ohne - weil das is -

FRAU BETTEN: LACHEN ein ganz anderes Leben gewesen.

S3: Eine Tragödie.

FRAU BETTEN: Das wollen wir nicht hoffen, dass es nur Tragödie war

S3: Na ja.

FRAU BETTEN: Äh, Sie sehen so gebrochen auch wieder nicht aus, Sie sind der starke Mann gewesen, ders ausgehalten hat, aber - LACHEN wie, wie sieht, äh wie sieht das Leben sonst aus, also Sie arbeiten am Vormittag meistens. Arbeiten Sie?

S3: Vorme/

FRAU BETTEN: Und die Frau Beck arbeitet in der Zeit

S3: in Tel Aviv, ja, drei Tage

FRAU BETTEN: in Tel Aviv drei Tage - ja

RACHEL: na aber, nur drei Tage

FRAU BETTEN: in den Tel Aviver Tagen arbeiten Sie ganztags oder wie schaut das aus ?

RACHEL: Äh, äh Wird ja - es wird gerechnet ganztags, ich we/ arbeit ungefähr bis zwei, ich bin dort um halb acht so etwas - bis zwei.

FRAU BETTEN: Ja, also wir ham des noch gar nich nachgetragen, weil wir die die Biografie nicht so ganz ordentlich durchgegangen sind, in die drei Tage, die Frau Beck in der Kibbuzverwaltung arbeitet, das is speziell in einer Abteilung für Wiedergutmachungsfragen

RACHEL: Ja, ja, ja.

FRAU BETTEN: Nicht und da ist, da haben Sie mit Übersetzungen zu tun -

RACHEL: Sozialversich/ Sozialversicherung, ja.

FRAU BETTEN: Und Sie - Sozialversicherung, und Sie hatten am Anfang gesagt, Sie ham von der Botschaft sogar verschiedenste äh Vollmachten da

RACHEL: Nein - nein, nein, nein, ich hab von ihr das Übersetzungsrecht.

FRAU BETTEN: Übersetzungsrecht, ja - ja.

RACHEL: Ja, ja

FRAU BETTEN: Ham Sie in dem Zusammenhang selber auch mal Reisen gemacht nach Deutschland, nein, das ist mehr was für (...)

RACHEL: In dem Zusammenhang nicht, aber ich war, ich war eh dreimal mit deutschen - mit, ich war dreimal mit israelischen Gruppen in, in Deutschland, das i/ äh/ Begleitung und Übersetzung.

FRAU BETTEN: Hm.

RACHEL: Und einmal, äh aber in dem Zusammenhang direkt nicht, sondern im anderen Zusammenhang in und, und sonst war ich privat, aber mit den Gruppen, das waren gewesen - einmal Jugendleiter, einmal Lehrer und einmal sind wir eingeladen worden von Berlin, Betreuer von deutschen Gruppen

FRAU BETTEN: Ah so.

RACHEL: Oja, mein Mann wollte damals nicht fahren, deswegen bin ich gefahren, wir hätten sogar beide fahren können.

FRAU BETTEN: Aha.

RACHEL: Wir waren von Berlin eingeladen, und vor fünf Jahren war ich gewesen -

FRAU BETTEN: Das waren alles Israelis , die nicht deutschsprachig

RACHEL: Isra-

FRAU BETTEN: waren - die Sie da begleitet haben, ja, hm, hm.

RACHEL: Eben deswegen, eben deswegen, das war a schwere

FRAU BETTEN: Hm ja

RACHEL: Arbeit, weil ich hab mit ihnen müssen einkaufen, laufen

FRAU BETTEN: LACHT

RACHEL: Und von fünf Jahren, vor fünf Jahren oder vor sechs Jahren war ich gewesen mit einer Seniorengruppe von Israel in, in Österreich in, in an Kurort.

FRAU BETTEN: Hm -

RACHEL: Und die da ham doch auch ka deutsch können, und des, und dort war ich, war ich auch, war ich auch gewesen.

FRAU BETTEN: Aha, aha.

RACHEL: Aber sonst, und sonst war ich privat, also das hat mit meiner Arbeit nichts zu tun, von meiner Arbeit in Tel Aviv wieder, die fahren die - hier is auch der Kopf vom Briefpapier mit ihren Namen und so weiter, also bei meiner erscheint nicht, nein, nein also - das nicht?

FRAU BETTEN: Aber - di/ diese Arbeit in, in Tel Aviv, die machen Sie nicht nur prinzipiell, weil Sie unabhängig, weil Sie drei Tage, Sie leben dann, glaub ich, auch in der Wohnung bei Ihrem Sohn.

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: Ja.

RACHEL: Ja, das is jetz die letzten zwei Jahre, ja.

FRAU BETTEN: Ja, aber die Arbeit selber ist für Sie auch interessant?

RACHEL: Üjo - es hat auch scho Zeiten gegeben, wo sie nicht interessant war und jetzt im Moment, das Österreich geht noch, aber dann gibt es noch ein neues Fremdengesetz und das is Polen und ich kann das Polnische nicht lesen, ich muss da polnische Wörter reingeben, ich kanns nicht einmal lesen. Also das is schon a bissel tragisch, ja, ja.

FRAU BETTEN: Aber das kommt von den Antragsstellern hier (...)

RACHEL: A neues Gesetz, neues Fremdengesetz herausgekommen.

FRAU BETTEN: Ja, ja - ja

RACHEL: Ja, und das ist z/ und das ist ziemlich, wenn ich nur die Akte seh, möcht ich sie am liebsten zur Seite legen oder irgendwo rauswerfen, ja.

FRAU BETTEN: Sind die anderen, mit denen Sie zusammenarbeiten, auch sozusagen Volontäre da, Freiwillige?

RACHEL: Wir sind keine Freiwilligen, wir sind (...)

FRAU BETTEN: Sind Sie nicht, Sie werden bezahlt und ihr Gehalt -

RACHEL: Mein Gehalt geht dann in Kibbuz, wir bekommen nur ein Taschengeld zum Essen.

FRAU BETTEN: Ich hab gedacht, weil Sie offiziell pensioniert sind, wär alles, was man danach arbeitet sozusagen freiwillig - nein, Sie werden bezahlt.

RACHEL: Ja, ja, und außerdem unsere Machle (?; hebr. Machlaka = Abteilung) / unsere Abteilung, ich bin von den Jüngsten dort, der/ ei/ ein Herr is zweiundachtzig, eine Frau is vierundachtzig und die schreibt auf der Maschine, dass ich ihr nicht nachkommen kann, und äh also äh wir sind alle schon so über, über das äh Rentenalter hinaus -

FRAU BETTEN: Sind das jetzt alles Kibbuzniks die da arbeiten, ja?

RACHEL: Ja, ja. Nur wir ham zwei von Te/ von Tel Aviv, eine de/ die arbeiten auf hebräisch und die ham die Buchhaltung über und so weiter.

FRAU BETTEN: Ja, ja wissen Sie, ich frag des deswegen, eine meiner häufigen Fragen war - ich war doch sehr erstaunt, dass die Personengruppe - und Sie gehören ja zu unseren Allerjüngsten der Achtzigjährigen und älteren - wie viel Volontäre da noch dabei waren, die alle noch

RACHEL: Hm -

FRAU BETTEN: gearbeitet haben und ich hab oft gefragt, was ist die Motivation für Sie, dass Sie so lange arbeiten und dass Sie zum Teil unbezahlte Arbeiten machen und äh da habe ich sehr unterschiedliche und sehr interessante Antworten bekommen. Die Kibbuzniks allerdings haben gesagt, das gehört zu unserer Ideologie dazu, das ist ganz selbstverständlich, dass man bis zum Schluss was tut, nicht - wenn man kann.

RACHEL: Bo ja - ich möcht, könnte ma überhaupt nicht vorstellen, ich müsst ja eigentlich nicht arbeiten, stimmt eigentlich, aber ich könnte mir gar nicht vorstellen ein Leben ohne Arbeit, das is, hat doch gar keinen Sinn, das doch grad schön, dass ma aufsteht und zur Arbeit gehen kann. Also wenn ein Mensch krank is, is er krank, aber wann er nur irgendwie beisammen is, dann soll er arbeiten gehen, und das ist doch net wichtig, ob Geld hereinkommt oder nicht sondern, ganz einfach der, der - man hat doch a Interesse daran so, so fühl ich, und das ist - und der Kibbuz, das Leben im Kibbuz is aufgebaut auf Arbeit, und ich bin schon bald fünfzig Jahr im Kibbuz, also das heißt ich könnt mers gar net anders vorstellen, so, das war die Ideologie gewesen.

FRAU BETTEN: Ham

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: Wir sind fast gleich fertig mit dem Band, da könn ma vielleicht noch zwei Sätze sagen.

RACHEL: Ja.

FRAU BETTEN: Ham die anderen im Kibbuz diese Einstellung auch oder ärgern Sie sich manchmal, weil (...)

RACHEL: LACHEN (...) ärgere ich mich manchmal, die jüngere

FRAU BETTEN: Ja -

RACHEL: Generation, ham nicht unbedingt alle die Arbeit erfunden, stimmts? Gibt solche und es gibt solche, ja, ja, nicht, nicht unbedingt.

FRAU BETTEN: Aber Sie würden sagen Ihre, wie viele sind eigentlich noch da von Ihrer Gründ/ frühen Gen/ Sie warn ja nicht die Gründergeneration - da ham ma - das is ja ein

RACHEL: Nicht Gründer, nicht Gründer

FRAU BETTEN: alter Kibbuz hier, aber wie viele

RACHEL: Genug, einen Moment - ich hab doch eine Aufstellung gemacht, aber ich hab sie

FRAU BETTEN: ja -

RACHEL: nicht mehr im Kopf, ich hab doch eine Aufstellung gemacht, von siebzig plus. Hier sind, sind noch genug da, kann

FRAU BETTEN: Aus Ihrer

RACHEL: mich nicht mehr erinnern -

FRAU BETTEN: Generation, die mit Ihnen oder um die ähnliche Zeit gekommen sind, sind noch verschiedenste da?

RACHEL: Bei meiner Generation oder meine Jahrgänge sind wir zwei oder drei im Ganzen.

FRAU BETTEN: Nicht mehr, ham da so viele den Kibbuz verlassen auch .

RACHEL: Sind - verlassen

FRAU BETTEN: Sie ham gesagt - zum Teil auch -

RACHEL: Ja.

-Ende des Interviews-

Für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung danke ich:
Frau Prof. Dr. Anne Betten
(Universität Salzburg)
Herrn Ulf-Michael Stift und
Herrn Prof. Dr. Arnulf Deppermann
(Institut für Deutsche Sprache, Mannheim)

und natürlich ganz besonder Rachel, die uns einen Einblick in ein besonderes Leben gegeben hat.

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